Ein Bäcker bei der Nachtarbeit

Nachtarbeit: Definition, Regelungen, Nachtzuschlag und Tipps

Nahezu 30 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland leisten Nachtarbeit. Und das ist durchaus erfreulich. Schließlich möchten wir bei einem Notfall auch nachts einen Notarzt oder Rettungssanitäter rufen können. Aber auch eher alltägliche Bedürfnisse, wie das frische Brötchen am Morgen, lassen sich nur deshalb stillen, weil Bäcker nachts arbeiten. Was schön oder bequem für uns ist, ist für die Nachtarbeiter mit einigen Folgen verbunden. Denn der nächtliche Einsatz ist nicht gerade förderlich für die Gesundheit. Welche Regelungen der Gesetzgeber daher für Nachtarbeiter vorgesehen hat und was du selbst tun kannst, erfährst du hier.

Nachtarbeit: Was gilt als Nachtarbeit?

Im Arbeitszeitgesetz ist klar definiert, wann von Nachtarbeit zu sprechen ist. Nämlich dann, wenn Arbeitnehmer zwischen 23 und 6 Uhr arbeiten. Eine Ausnahme gibt es für Bäckereien und Konditoreien. In dieser Branche zählt die Arbeitszeit zwischen 22 und 5 Uhr als Nachtarbeit. Allerdings macht das Arbeitszeitgesetz eine Einschränkung: Erst wenn Beschäftigte mehr als zwei Stunden nachts gearbeitet haben, wird die Arbeitszeit als Nachtarbeit gewertet.

Das bedeutet konkret: Wer in der Spätschicht länger bleibt, um den Produktionsrückstand noch in seiner Schicht aufzuholen, und daher bis 0:45 Uhr arbeitet, arbeitet nicht in Nachtarbeit. Denn die würde erst ab mehr als zwei Stunden anfallen, also erst ab 1:01 Uhr.

Dann gilt man als Nachtarbeiter

Um das Ganze noch ein wenig komplizierter zu machen, gibt es nicht nur die zwei Stunden Regel, sondern auch eine Definition, wann Mitarbeiter als Nachtarbeiter gelten. Denn nicht jeder Beschäftigte, der hin und wieder nachts arbeitet, gilt im Sinne des Arbeitszeitgesetzes Paragraph § 2 (2-5) schon als Nachtarbeiter.

Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Beschäftigte muss an mindestens 48 Tagen im Jahr nachts arbeiten oder
  • der Beschäftigte arbeitet regelmäßig in Nachtarbeit – zum Beispiel weil er in Wechselschicht arbeitet.

Erfüllst du eine der beiden Voraussetzungen, kannst du dich freuen. Denn sobald du als Nachtarbeiter giltst, hast du einen Anspruch auf einen (finanziellen) Ausgleich für deine nächtliche Arbeit.

Bleiben wir bei oben genanntem Beispiel: Wenn du regelmäßig nachts eingesetzt wirst, also als Nachtarbeiter zählst, und bis 0:45 Uhr arbeitest, bekommst du auch schon für diese Zeit einen finanziellen Ausgleich von deinem Arbeitgeber.

Die gesetzlichen Regelungen der Nachtarbeit

Sofern du als Nachtarbeiter giltst, sieht das Arbeitsschutzgesetz folgende Regelungen für dich vor:

  • Wenn du nachts arbeitest und Überstunden machst, muss dein Arbeitgeber diese innerhalb von vier Wochen ausgleichen. Bei Beschäftigten, die tagsüber arbeiten, hat er dazu 24 Wochen Zeit.
  • Außerdem sieht Paragraf § 6 des Arbeitszeitgesetzes vor, dass dein Chef dir für die Nachtarbeit entweder einen Lohnzuschlag (Nachtzuschlag) zahlen oder dir freie Tage gewähren muss. Der Nachtzuschlag ist sogar zu bestimmten Teilen steuerfrei. Die Höhe des Nachtzuschlags ist gesetzlich nicht genau geregelt. Als Daumenregel gilt jedoch, dass die meisten Arbeitgeber einen Zuschlag von 25 Prozent zahlen. Jedoch sind unter bestimmten Voraussetzungen Abweichungen nach oben oder unten möglich.
  • Daneben ist im Gesetzestext geregelt, dass sich Arbeitgeber bei der Ausgestaltung der Nachtarbeit an wissenschaftliche Erkenntnisse halten müssen. So sollen die gesundheitlichen Belastungen für die Arbeitnehmer möglichst geringgehalten werden.
  • Arbeitnehmer, die nachts arbeiten, haben einen gesetzlichen Anspruch, sich regelmäßig von einem Arbeitsmediziner untersuchen zu lassen. Arbeitnehmer ab 50 können jährlich eine derartige Untersuchung durchführen lassen. Alle Beschäftigten, unabhängig von ihrem Lebensalter, können sich generell untersuchen lassen, bevor sie die Nachtarbeit aufnehmen. Die Kosten für diese Untersuchung trägt der Arbeitgeber.
  • Da diese Form der Arbeit mit gesundheitlichen Gefährdungen einhergeht, dürfen Schwangere, Stillende und Jugendliche keine Nachtarbeit leisten.
  • Nachtarbeitnehmer, die ein Kind unter 12 Jahren alleine betreuen oder die Angehörige pflegen, haben außerdem einen Anspruch auf einen Tagarbeitsplatz.
  • Das jeweilige Schichtmodell im Betrieb sowie die Dauer und den genauen Zeitraum der Nachtarbeit muss mit dem Betriebsrat abgestimmt werden.

Die Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz

Keine Regel ohne Ausnahme – das gilt auch für die Nachtarbeit. Und so können für die oben beschriebenen Regelungen Abweichungen vereinbart werden:

  • Ist der Mitarbeiter im Bereitschaftsdienst, kann die Dauer der jeweiligen Nachtarbeit auf mehr als 10 Stunden ausgedehnt werden. Dazu müssen jedoch eine gültige Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag vorliegen, in dem das vereinbart wurde.
  • Der Zeitraum, in dem die Nachtarbeit ausgeglichen werden muss, kann ebenfalls geändert werden, sofern es eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (oder der Arbeitnehmervertretung) gibt.
  • Auch der Zeitraum, in dem die Beschäftigung als Nachtarbeit gilt, kann abweichend vom Arbeitsgesetz vereinbart werden. Der Beginn ist zwischen 22 Uhr und 24 Uhr möglich.

Nachtarbeit: Was bedeutet das für Beschäftigte?

Die gesundheitlichen Gefährdungen, die sich für Arbeitnehmer aufgrund von Nachtarbeit ergeben können, wurden schon mehrmals kurz angesprochen. Welche Folgen kann aber die Nachtarbeit konkret für die Gesundheit haben? Das wollen wir uns nun genauer ansehen.

Nachtarbeit bedeutet für Beschäftigte, dass sie gegen den eigenen (Bio-) Rhythmus arbeiten müssen. Denn eigentlich möchte unser Körper nachts ruhen. Wer nachts jedoch arbeiten muss, kann seinem Organismus diese Ruhe nicht gönnen. Im Gegenteil, Beschäftigte müssen auf der Arbeit hellwach sein.

Das führt dazu, dass der natürliche Rhythmus aus dem Gleichgewicht gerät. Die Folge können nicht nur Schlafstörungen sein, sondern auch eine verminderte Reaktionsfähigkeit und eine mangelnde Leistungsfähigkeit.

Es gibt ebenfalls Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen Nachtarbeit und

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Diabetes
  • Magenerkrankungen
  • psychischen Problemen

gibt. Noch dazu hat im Jahr 2019 die „Internationale Agentur für Krebsforschung“ darauf hingewiesen, dass ständige Nachtarbeit wahrscheinlich Krebs hervorrufen kann. Jedoch gibt es noch keine harten, wissenschaftlichen Belege für diese Vermutung. Beunruhigend ist sie natürlich trotzdem.

Tipps für Nachtarbeiter

Beschäftigte, die in Nachtarbeit arbeiten, sollten sich daher ganz besonders um ihre Gesundheit bemühen. Solltest auch du zu den Nachtarbeitern gehören, kannst du zum Beispiel folgende Tipps ausprobieren:

  1. Auf Ernährung achten: Nacht- und Schichtarbeiter haben häufig ein gestörtes Hungergefühl, was mit dem Einfluss der Nachtarbeit auf den Biorhythmus zusammenhängt. Sie sollten daher ganz besonders auf gesunde Ernährung achten und vor allem ausreichend trinken. Denn immer wieder wird Hunger mit Durst verwechselt. Was dazu führt, dass wir viel zu viel essen. Ballaststoffreiche Kost und viel Obst und Gemüse können trotz gesteigertem Hungergefühl dazu beitragen, dass du nicht zunimmst, selbst wenn du nachts arbeitest.
  2. Auf Bewegung achten: Nicht nur gesunde Ernährung auch die Bewegung kommt bei Nachtarbeit zu kurz. Das hängt häufig damit zusammen, dass Nachtarbeiter tagsüber müde sind und sich daher lieber ausruhen, als Sport zu treiben. Das schadet auf Dauer aber der Gesundheit. Daher solltest du unbedingt darauf achten, dass du dich trotz Müdigkeit ausreichend bewegst. Der Vorteil: Wenn du dich beim Sport so richtig angestrengt hast, steigen deine Chancen, dass du besser schläfst und du damit erholter auswachst. Zusätzliches Plus: Ein trainierter Körper kommt besser mit den Strapazen der Nachtarbeit zurecht.
  3. Vor Sonne schützen: Um Einschlafproblemen nach der Nachtschicht vorzubeugen, solltest du dich so gut wie möglich vor der Sonne schützen. Auch wenn es vielleicht etwas befremdlich aussieht: Setz nach deiner Schicht, wenn du das Gebäude deines Arbeitgebers verlässt, eine Sonnenbrille auf – auch im Winter. Das kann dich wenigstens teilweise davor schützen, zu wach zu werden. Denn Sonnenlicht kurbelt die Serotoninausschüttung an. Und dieses Hormon gilt als Aktivitätshormon, das den Stoffwechsel anregt und dich daher wach macht. Genau das möchtest du nach der Nachtarbeit aber verhindern.
  4. Entspannungsübungen nutzen: Aktives Entspannen kann außerdem dabei helfen, dass du nach der Nachtarbeit die nötige Ruhe findest. Das musst du natürlich üben und dabei geduldig sein. Denn Gewohnheiten ändern sich eben nicht von heute auf morgen. Es lohnt sich aber trotzdem. Denn wenn du gelernt hast, dank Entspannungsübungen oder zum Beispiel autogenem Training schneller einzuschlafen, wirst du auch kurze Ruhephasen effektiver nutzen können.
  5. Schlafambulanz aufsuchen: Wenn du dich über einen langen Zeitraum mit Schlafproblemen quälst, ist es vermutlich Zeit für professionelle Hilfe. Dazu solltest du in eine schlafmedizinische Ambulanz gehen oder einen Arzt konsultieren, der eine entsprechende Ausbildung hat.

Das kann der Arbeitgeber tun

Neben den Tipps, die Beschäftigte selbst ausprobieren können, gibt es auch einige Dinge, die Arbeitgeber ändern oder beachten können, damit die Nachtarbeit nicht ganz so schädlich für die Gesundheit ist. Zum Beispiel:

  • Nach vorne rotieren: Studien deuten darauf hin, dass der Körper besser mit den Belastungen durch die Nachtarbeit zurechtkommt, wenn die Schichten nach vorne wechseln, also von der Früh- in die Spätschicht und von dort in die Nachtschicht. Eine umgekehrte Abfolge ist dagegen schädlicher für Arbeitnehmer.
  • Keine dauerhafte Nachtarbeit: Wenn möglich sollten Arbeitgeber außerdem darauf achten, dass Beschäftigte nicht dauerhaft in Nachtarbeit eingesetzt werden. Das mag sich zwar finanziell lohnen, ist aber für die Gesundheit schädlich.
  • Nachtschichten begrenzen: Arbeitsmediziner weisen darauf hin, dass es für die Gesundheit der Beschäftigten besser ist, wenn die Zahl der Nachtschichten begrenzt wird. Mehr als vier aufeinanderfolgende Nachtschichten sollten Arbeitgeber daher, wenn möglich, vermeiden.
  • Mehrere freie Tage: Die Mitarbeiter können sich außerdem besser von der Nachtarbeit erholen, wenn sie dazu länger Zeit haben. Das bedeutet, dass sie im Idealfall nicht nur einen, sondern gleich mehrere freie Tage nach der Nachtarbeit haben. So hat der Körper länger Zeit, sich wieder an den herkömmlichen Rhythmus zu gewöhnen.

Bildnachweis:VisionPro / Shutterstock.com


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