Interessenkonflikt: Tipps zum Umgang mit konträren Interessen
Manche Interessen passen nicht zueinander. Verfolgt man das eine Interesse, handelt man womöglich entgegen dem anderen. Ein solcher Interessenkonflikt kann sich auch im Job ergeben. Für Unternehmen kann das ebenso zum Problem werden wie für Beschäftigte, die konträre Interessen haben. Wo können Interessenkonflikte auftreten? Wie kann man sie verhindern – und wie damit umgehen?
Interessenkonflikt: Definition
Jeder Mensch hat viele verschiedene Interessen. Hinzu kommen die Interessen von anderen Menschen, zum Beispiel von dem Partner, Freunden, Kollegen oder Arbeitgebern. Nicht alle dieser Interessen lassen sich gut miteinander vereinen. Bei konträren Interessen kann ein Interessenkonflikt entstehen.
Zu einem Interessenkonflikt kommt es, wenn Menschen in eine Situation geraten, in der bestimmte persönliche Ziele und Interessen nicht zu den Interessen Dritter passen. Im Beruf sind die gegenläufigen Interessen häufig solche, durch welche die Betroffenen gegen ihre Pflichten verstoßen würden. Interessenkonflikte können dazu führen, dass jemand nicht mehr nach den objektiv besten Maßstäben Entscheidungen trifft, sondern sich durch seine eigenen Interessen beeinflussen lässt.
Ein Interessenkonflikt ist nicht erst dann gegeben, wenn jemand in einer Art und Weise handelt, die gegen bestimmte Interessen verstößt. Er tritt auf, sobald es gegenläufige Interessen gibt, die das Verhalten einer Person beeinflussen können. Ob sie sich tatsächlich davon leiten lässt, ist irrelevant – der Interessenkonflikt besteht trotzdem.
Für Beschäftigte und Unternehmen können Interessenkonflikte negative Auswirkungen haben. So könnten Mitarbeiter Entscheidungen treffen, die in ihrem Sinne, aber nicht im Sinne des Unternehmens sind. Solche Entscheidungen können dem Arbeitgeber schaden. Stecken Personen auf höchster Führungsebene in einem Interessenkonflikt, können auch sie das Unternehmen mit ihrem Handeln in eine missliche Lage bringen. Fliegt der Interessenkonflikt auf, kann das dem Ruf des Unternehmens schaden.
Verschiedene Formen von Interessenkonflikten
Interessenkonflikte können verschiedene Formen annehmen. Wie sie konkret aussehen können, zeigen die folgenden fiktiven Interessenkonflikt-Beispiele:
- Finanzieller Nutzen: Ein Beschäftigter hat finanziell unmittelbar einen Nutzen davon, wenn er sich für eine bestimmte Vorgehensweise entscheidet. Im Interesse seines Arbeitgebers wäre diese Entscheidung aber nicht.
- Beziehungen: Bei personellen Entscheidungen können persönliche Beziehungen eine Rolle spielen. So stellen nicht wenige Arbeitgeber regelmäßig Bewerber ein, weil sich die Verantwortlichen anderen Menschen gegenüber dazu verpflichtet fühlen. Es wird dann nicht der objektiv beste Kandidat gewählt. Beziehungen können auch bei der Vergabe von Aufträgen ausschlaggebend sein. Jemand schanzt dann zum Beispiel einen lukrativen Auftrag einem Freund zu. Es kann dabei auch zu Verstößen gegen Ethikrichtlinien kommen.
- Bestechung: Wenn jemand Geschenke oder Gelder von Dritten annimmt, kann das zu einem Interessenkonflikt führen. Möglicherweise kann er nicht mehr unabhängig und objektiv entscheiden.
- Machtmissbrauch: Jemand trifft im Job Entscheidungen, die seinen individuellen Interessen entsprechen – weil er die dazu nötige Macht hat. Dabei fragt er sich nicht, was für die Firma am besten ist, sondern handelt nach eigenen Interessen.
Mögliche Ursachen: Was Interessenkonflikte auslösen kann
Zur Entstehung von Interessenkonflikten können verschiedene Aspekte beitragen. Hier erfahren Sie mehr über häufige Ursachen von Interessenkonflikten.
Finanzielle Interessen
Finanzielle Interessen spielen oft eine wichtige Rolle, wenn es zu Interessenkonflikten kommt. Es kann zum Beispiel sein, dass sich jemand persönliche Vorteile davon erhofft, wenn er bestimmte Entscheidungen trifft. Auch Provisionen und Boni können Entscheidungen beeinflussen, die dann nach finanziellen und nicht objektiven Kriterien getroffen werden.
Persönliche Beziehungen
Beziehungen zu anderen können für Interessenkonflikte sorgen. Je enger der Kontakt ist, desto weniger ist meist eine objektive Entscheidung möglich. Geht es zum Beispiel um Angehörige und gute Freunde, auf die sich berufliche Entscheidungen auswirken, treten die eigentlichen Verpflichtungen aus dem Job häufig in den Hintergrund.
Externe Interessen durch andere Rollen
Manche Menschen haben neben ihrer beruflichen Tätigkeit noch andere Rollen, die zu Interessenkonflikten im Job führen. Sie sitzen zum Beispiel in mehreren Vorständen oder arbeiten mit Unternehmen zusammen, die naturgemäß miteinander im Wettbewerb stehen.
Berufliche Interessen
Manche Entscheidungen sind zumindest auf lange Sicht nicht im Sinne des Unternehmens oder der Kollegen oder sie sind ethisch fragwürdig. Sie helfen aber der eigenen Karriere. Für Beschäftigte kann es neben besseren Gehaltsaussichten auch eine Beförderung bedeuten, wenn sie im eigenen Sinne handeln.
Welche Risiken Interessenkonflikte mit sich bringen können
Interessenkonflikte ergeben sich häufig. Wer sich von eigenen Interessen leiten lässt, kann damit erheblichen Schaden anrichten – für sich selbst und andere. Wird nicht die objektiv beste Entscheidung getroffen, geht das häufig zulasten des Erfolgs von Unternehmen. Diejenigen, die sich von ihren Interessen leiten lassen, riskieren nicht nur eine negative Entwicklung für die Firma, finanzielle Verluste und verpasste Chancen. Sie können dem Ruf des Unternehmens auch erheblich schaden. Interessenkonflikte können das Vertrauen anderer stark beschädigen. Das können potenzielle oder bestehende Kunden sein, Geschäftspartner, Kollegen oder Vorgesetzte.
Ein Vorgesetzter, der aus Sicht seiner Mitarbeiter in einem Interessenkonflikt steckt, kann zu einer negativen Arbeitsatmosphäre beitragen. Er schädigt durch sein Verhalten womöglich die Beziehungen zu seinen Mitarbeitern, kann sie nicht mehr motivieren oder im nötigen Maße lenken. Das Betriebsklima kann Schaden nehmen, außerdem kann es zu mehr personellen Ausfällen und Eigenkündigungen kommen.
Interessenkonflikte können außerdem rechtliche Folgen haben. Wenn jemand durch sein Handeln gegen Gesetze verstößt, kann er sich damit strafbar machen. Für Unternehmen kann das schwerwiegende Auswirkungen haben.
Wenn Beschäftigte sich von persönlichen Interessen leiten lassen, ist das nicht zuletzt eine Gefahr für ihre Karriere. Wenn der Interessenkonflikt aufgedeckt wird, droht womöglich eine Kündigung. Spricht sich das Verhalten in der Branche herum, kann es auch schwierig sein, eine andere Stelle zu finden.
Interessenkonflikte vermeiden: Was zur Prävention wichtig ist
Im besten Fall kommt es gar nicht erst zu einem Interessenkonflikt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Interessenkonflikt zu vermeiden. In einem beruflichen Kontext sind dabei insbesondere Unternehmen gefragt: Sie können zur Vermeidung von Interessenkonflikten Compliance-Regelungen aufstellen, die auf das ordnungs- und pflichtgemäße Verhalten der Mitarbeiter einwirken.
Mithilfe von internen Richtlinien und Vorschriften kann ein Arbeitgeber deutlich machen, was er von seinen Mitarbeitern erwartet. Compliance-Regelungen können darauf hinwirken, dass Beschäftigte im Einklang mit gesetzlichen Vorschriften handeln. Ebenso geht es dabei um interne Regeln, zum Beispiel Transparenzpflichten und Verhaltenskodexe. Entsprechende Vorgaben seitens des Arbeitgebers machen den Mitarbeitern unmissverständlich klar, wie sie sich verhalten sollen.
Ebenso nützlich kann es sein, eine Meldepflicht für Interessenkonflikte zu etablieren. Wenn Beschäftigte bei sich selbst oder bei anderen einen Interessenkonflikt bemerken, informieren sie ihren Vorgesetzten darüber. So kann durch eine frühzeitige Reaktion Schaden vom Unternehmen abgewendet werden.
Die Mitarbeiter für Interessenkonflikte sensibilisieren
Damit es nicht zu Interessenkonflikten kommt, ist es wichtig, dass die Mitarbeiter für das Thema sensibilisiert sind. Das kann über regelmäßige Schulungen gelingen. Auch informelle Gespräche, zum Beispiel im Team oder zwischen einer Führungskraft und einem Mitarbeiter, sind hilfreich.
Gefragt sind nicht zuletzt die Beschäftigten selbst. Sie sollten auf Anzeichen für einen Interessenkonflikt achten und möglichst rasch gegensteuern. Es kann im Sinne der Transparenz und des Vertrauensverhältnisses zum Arbeitgeber eine gute Idee sein, einen Interessenkonflikt offen einzuräumen. Es kann auch helfen, sich klar zu machen, dass Compliance im Eigeninteresse jedes Beschäftigten ist: Wer sich integer verhält, kann sich damit einen guten Ruf erarbeiten. Der Arbeitgeber weiß, dass er sich auf ihn verlassen kann. Das ist nicht zuletzt förderlich für die Karriere.
Tipps zum Umgang mit Interessenkonflikten
Wenn ein Interessenkonflikt auftritt, ist es wichtig, zu wissen, wie man damit umgehen kann. Die richtige Strategie im Umgang mit Interessenkonflikten setzt voraus, dass die konträren Interessen möglichst frühzeitig erkannt werden. Verantwortliche in Firmen sollten ihre Mitarbeiter diesbezüglich schulen. Gefragt sind dann die Beschäftigten selbst, die Anzeichen für einen Interessenkonflikt zu sehen und angemessen darauf zu reagieren. Ebenso sollten Führungskräfte sensibel für entsprechende Hinweise sein und ihren Mitarbeitern gegenüber deutlich machen, dass sie sich immer im Vertrauen an sie wenden können.
Wenn Beschäftigte bemerken, dass sie in einem Interessenkonflikt stecken, sollten sie transparent damit umgehen und den Konflikt offenlegen. Die naheliegende Option ist ein offenes Gespräch mit dem oder der Vorgesetzten. Auch eine schriftliche Meldung kann eine Möglichkeit sein. Eine schriftliche Dokumentation des Vorgangs macht das Ganze nachvollziehbar.
Wenn sich ein Arbeitnehmer in einem Interessenkonflikt befindet und das erkannt hat, kann es sinnvoll sein, bestimmte Entscheidungen oder Aufgaben in andere Hände zu legen. Das stellt sicher, dass die Vorgehensweise nicht durch abweichende Interessen beeinflusst wird. Auch im Nachgang kann es durchaus noch Sinn machen, einen Interessenkonflikt offenzulegen. Es macht die betreffende Person glaubwürdiger und vertrauenswürdiger, wenn sie von sich aus zugibt, dass sie abweichende Interessen hatte.
Wann eine externe Beratung helfen kann, Probleme zu lösen
In jedem Fall ist es für Beschäftigte bei einem Interessenkonflikt wichtig, sich an die internen Compliance-Richtlinien zu halten. Bei Interessenkonflikten können bestimmte Vorgehensweisen vorgesehen sein, die in diesem Fall unbedingt beachtet werden sollten.
In festgefahrenen, komplexen oder schwerwiegenden Fällen kann es hilfreich sein, eine externe Beratung einzuschalten. Unabhängige Berater oder Gutachter können als Außenstehende eine neue Perspektive bieten und so helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Auch eine juristische Beratung kann je nach Situation angebracht sein.
In vielen Unternehmen sind Disziplinarmaßnahmen für den Fall vorgesehen, dass Mitarbeiter gegen Compliance-Richtlinien verstoßen. Wenn den Beschäftigten klar ist, was ihnen bei vertuschten Interessenkonflikten droht, werden sie eher transparent damit umgehen. Aus Sicht von Arbeitgebern ist es wichtig, aufgedeckte Interessenkonflikte tatsächlich so wie vorher angekündigt zu sanktionieren – schon deshalb, um mögliche Nachahmer abzuschrecken.
Interessenkonflikt: Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Wenn Menschen Interessen haben, die nicht miteinander in Einklang zu bringen sind, stecken sie in einem Interessenkonflikt. Ein Interessenkonflikt im Unternehmen kann zum Beispiel so aussehen, dass ein Beschäftigter sich in einer Entscheidung davon leiten lässt, was er dadurch persönlich gewinnen kann. Das Interesse des Arbeitgebers steht dann im Hintergrund. Es kann dabei etwa um den eigenen finanziellen Nutzen oder um den anderer gehen, aber auch um die eigene Karriere.
Interessenkonflikte können gravierende Folgen haben – für die Beschäftigten selbst und das Unternehmen. Dazu zählen unter anderem Rufschädigung und Vertrauensverlust, für Beschäftigte auch eine Kündigung oder sogar das Ende ihrer Karriere. Es ist wichtig, dass Unternehmen Compliance-Richtlinien zum Umgang mit Interessenkonflikten haben. Das hilft den Mitarbeitern dabei, sich in entsprechenden Situationen korrekt zu verhalten, indem sie ihren Interessenkonflikt offenlegen und Aufgaben und Entscheidungen gegebenenfalls an andere übertragen werden.
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