Zwei Frauen unterhalten sich am Arbeitsplatz, Oversharing -wenn eine Unterhaltung zu persönlich wird

Oversharing: Wenn eine Unterhaltung zu persönlich wird

Oversharing im Beruf und im Privatleben ist für die Beteiligten oft unangenehm: Jemand verrät intime Details und andere wissen nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Wodurch kommt es zu Oversharing? Welche Folgen kann es haben? Und: Wie kann man Oversharing stoppen? Hier erfährst du, was zum Thema wichtig ist.

Was ist Oversharing?

Egal, ob am Arbeitsplatz, im Freundeskreis oder beim Smalltalk mit dem Nachbarn: Wo Menschen miteinander kommunizieren, tauschen sie Informationen aus. Auf Englisch würde man sagen: Sie „sharen“ diese Informationen. Daraus leitet sich der Begriff Oversharing ab – gemeint ist ein Zuviel bei einem Informationsaustausch.

Overhsaring bedeutet, zu viele persönliche, private oder intime Informationen preiszugeben. Der Gesprächspartner empfindet das Ausmaß an privaten Details als unpassend. Was zu viel ist, hängt dabei vom Kontext und der Beziehung der Beteiligten ab. Was im Gespräch mit der besten Freundin völlig angemessen ist, könnte den Kollegen irritieren. Es macht einen Unterschied, wie gut man den Gesprächspartner kennt.

Das, was man beim Oversharing von sich erzählt, möchte die andere Person meist nicht unbedingt wissen. Es kann ihr sogar regelrecht unangenehm sein. Dabei kommt es jedoch auch darauf an, wie selbstsicher und offen der Gesprächspartner ist. Während die eine Person sich unwohl fühlt, wenn jemand etwas zu persönlich wird, könnte eine andere schätzen, dass jemand so ehrlich ist. Die Persönlichkeit des anderen entscheidet damit darüber, welchen Effekt Oversharing hat und ob es primär als negativ empfunden wird.

Wie kann Oversharing aussehen?

Zu Oversharing kann es in persönlichen Gesprächen mit Kollegen, Bekannten und Freunden kommen, aber auch in E-Mails und Nachrichten. Ebenso können Posts in sozialen Netzwerken als Oversharing empfunden werden.

Hier sind einige Beispiele dafür, wie Oversharing aussehen kann:

  • Oversharing im Beruf: Eine Frau erzählt ihrer Kollegin von einem schlimmen Streit mit ihrem Freund und geht dabei auf die Beleidigungen ein, die sich die beiden an den Kopf geworfen haben. Weil sie ihre Kollegin täglich sieht und sich die beiden gut verstehen, geht sie von einer engeren Beziehung aus als die Kollegin – der ist es unangenehm, solche privaten Details zu erfahren.
  • Oversharing unter Bekannten: Jemand trifft auf einen Bekannten, den er schon länger nicht gesehen hat. Auf die Frage, wie es geht, antwortet der Bekannte nicht mit einem höflichen „Gut, und dir?“, sondern sagt ehrlich, dass es ihm richtig mies geht – vielleicht hat er Geldprobleme oder einfach einen echt schlechten Tag.
  • Oversharing auf Social Media: Eine Frau ist tief verletzt, nachdem ihr Freund sie betrogen hat. In einer impulsiven Reaktion setzt sie einen Post in einem sozialen Netzwerk ab, in dem sie ihren Freund schlechtmacht. Später ist es ihr unangenehm und sie löscht ihren Posts, aber zwischenzeitlich haben ihn schon viele andere User gesehen.
  • Oversharing beim ersten Date: Beim ersten Date erzählt ein Mann seiner Verabredung im Detail, warum er und seine letzte Partnerin sich getrennt haben. Seine Gesprächspartnerin hatte nicht danach gefragt und ist durch die intimen Details unangenehm berührt und auch ein wenig abgeschreckt.
  • Oversharing in einer Beziehung: Eine Frau erzählt ihrem Mann, dass sie ihren neuen Kollegen anziehend findet (obwohl sie nie ernsthaft erwägen würde, fremdzugehen oder ihren Mann zu verlassen).  

Welche Folgen Oversharing haben kann

Oversharing kann Folgen haben, und zwar sowohl für diejenigen, die es betreiben, als auch für ihre Gesprächspartner. Welche Auswirkungen möglich sind, hängt von der Situation, der Beziehung der Beteiligten und ihren jeweiligen Persönlichkeiten ab.

Dass der Begriff Oversharing negativ behaftet ist, hängt mit den negativen Konsequenzen zusammen, die Oversharing haben kann. Wenn jemand zu viel Privates erzählt, fühlen sich andere damit womöglich unwohl. Es kann andere auch überfordern – sie wissen dann schlicht nicht, was sie zu bestimmten Schilderungen sagen sollen.

Oversharing kann sich negativ auf die Beziehung zu anderen Menschen auswirken. Die privaten Details sorgen dann nicht für mehr, sondern für weniger Nähe – weil sie andere abschrecken. Es kann sein, dass sich der Gesprächspartner zurückzieht, und das womöglich nicht nur in der betreffenden Unterhaltung, sondern generell. Er speichert den Kontakt dann als unangenehm ab und geht ihm fortan lieber aus dem Weg.

Oversharing kann auch dem Ruf schaden. Das gilt besonders für Oversharing im Beruf. Andere nehmen die betreffende Person dann womöglich als weniger professionell wahr. Ist es ein Vorgesetzter, der zu Oversharing neigt, könnten ihn seine Mitarbeiter weniger ernst nehmen.

Kann Oversharing auch positive Effekte haben?

Durch Oversharing kann man sich angreifbar machen. Andere könnten die intimen Details ausnutzen, um der betreffenden Person zu schaden. Es kann auch zu regelrechtem Mobbing kommen.

Bemerkt die Person, die zu viel preisgibt, dass das nicht gut ankommt, kann sie sich dadurch peinlich berührt fühlen. Sie fühlt sich womöglich bloßgestellt, auch wenn sie das Oversharing aus freien Stücken betrieben hat. Sie kann sich auch abgelehnt oder von anderen verurteilt fühlen.

Geht es um Oversharing in sozialen Netzwerken oder Foren, ist es auch eine Frage der Sicherheit. Das Risiko für Cyberkriminalität, Stalking und Identitätsdiebstahl kann erhöht sein. 

Oversharing kommt oft nicht gut an, aber es muss nicht immer negative Folgen haben. Je nach Situation und Beteiligten kann es auch positive Effekte haben: Es kann eine tiefere Verbindung schaffen und bei einer einfühlsamen Reaktion des anderen dafür sorgen, dass man sich weniger allein fühlt. Werden belastende Themen ausgesprochen und man erhält Trost und Zuspruch, kann das befreiend sein. In solchen Fällen kann es Beziehungen stärken und dazu führen, dass andere einen stärker respektieren – und zwar nicht trotz, sondern gerade weil man sich verletzbar macht, indem man sich öffnet.

Wodurch kommt es zu Oversharing?

Wohl jeder hat schon mal Oversharing erlebt oder es selbst betrieben. Meist passiert es unbeabsichtigt, wobei verschiedene Faktoren eine Rolle spielen können.

Wer zu private Details erzählt, kann das tun, um mehr Nähe zu anderen herzustellen. Er wünscht sich dann etwa, dass die Beziehung über einen oberflächlichen Kontakt hinausgeht, ist aber nicht feinfühlig genug, um zu erkennen, dass seine Themenwahl ungünstig ist.

Es kann auch zu Oversharing kommen, weil jemand emotional aufgewühlt oder sehr schlecht drauf ist. Das kann den Wunsch zur Folge haben, sich jemand anderem gegenüber zu öffnen, um Zuspruch zu erhalten und sich weniger allein zu fühlen. Unterhält man sich allerdings nicht zufällig mit dem besten Kumpel oder der Schwester, können bestimmte Themen als zu persönlich empfunden werden.

Ein weiterer möglicher Grund für Oversharing kann darin bestehen, dass jemand niemand anderen hat, an den er sich mit privaten Dingen wenden kann. Dann greift er womöglich auf andere Kontakte zurück – wie etwa einen guten Kollegen oder eine alte Freundin.

Der Wunsch nach Aufmerksamkeit kann ein weiterer Grund für Oversharing sein. Man möchte, dass andere einen wahrnehmen – indem man bestimmte Dinge zur Sprache bringt, kann das gelingen, auch wenn andere es womöglich nicht positiv wahrnehmen.

Wenn die Situation falsch eingeschätzt wird

In anderen Fällen schätzen die Betroffenen eine Situation oder die Beziehung zu ihrem Gesprächspartner falsch ein. Sie glauben dann etwa, dass es vollkommen in Ordnung ist, bestimmte Erfahrungen oder Gedanken mitzuteilen, oder dass der Kontakt mit anderen enger ist, als es tatsächlich der Fall ist.

Es ist auch eine Frage der Persönlichkeit. Manche Menschen sind offener, andere eher verschlossen. Merkmale wie Intro- oder Extrovertiertheit, Impulsivität oder ein geringes Selbstwertgefühl können beeinflussen, was jemand anderen erzählt – und was er selbst bei anderen als „zu viel“ empfindet.

Dinge, die man eigentlich gar nicht erzählen möchte, kann man auch erzählen, um ein unangenehmes Schweigen zu brechen. Gerade bei flüchtigen Kontakten fällt es manchmal schwer, ein Gesprächsthema zu finden. In Ermangelung anderer Themen füllt man die peinliche Stille manchmal mit einem Thema, das man ansonsten gar nicht gewählt hätte.

Geschieht Oversharing auf Social Media, machen sich die Betroffenen nicht immer bewusst, welche Reichweite ihr Post haben kann. Selbst bei privaten Profilen geht die Zahl der Follower womöglich über das engere Umfeld hinaus. Darunter könnten auch entfernte Bekannte, Kollegen oder Vorgesetzte sein, die den Post als Oversharing empfinden können.

Wie kann man Oversharing stoppen?

Zu Oversharing kommt es meist unbeabsichtigt: Die Betroffenen hatten nicht vor, zu viel preiszugeben. Situationsbedingt kann es jedoch dazu kommen – und längst nicht immer ist es den betreffenden Personen überhaupt bewusst, dass die Unterhaltung zu persönlich wird.

Es gibt viele Dinge, die du tun kannst, um nicht zum „Oversharer“ zu werden. Ein wichtiger erster Schritt besteht darin, dir überhaupt darüber im Klaren zu sein, dass du zu viel von dir erzählt hast oder in bestimmten Situationen dazu neigst. Wenn du dir deiner Verhaltensmuster bewusst bist, kannst du ihnen besser entgegenwirken. Selbstreflexion hilft dir dabei, deine Verhaltensweisen zu erkennen. Überlege:

  • Gab es Situationen, in denen du sehr persönlich geworden bist?
  • Wie hat dein Gesprächspartner darauf reagiert?
  • Hast du nach manchen Gesprächen bereut, wie viel du erzählt hast?
  • Vielleicht hast du auch selbst schon Oversharing erlebt – wie hat sich das angefühlt?

Gegen Oversharing hilft ein bewusster Umgang mit Informationen. Überlege dir gut, mit wem du etwas teilst – besonders, wenn du dich in sozialen Netzwerken bewegst. So anonym, wie du vielleicht denkst, bist du dort wahrscheinlich nicht. Wähle also sehr bewusst aus, wen du ins Vertrauen ziehst. Dabei solltest du nicht nur bedenken, bei wem du dir vorstellen kannst, dich zu öffnen, sondern auch, ob das die andere Person mutmaßlich genauso sieht.

Damit dir Oversharing nicht aus Versehen passiert, empfiehlt es sich, in Unterhaltungen oder bei starken Gefühlen nicht sofort zu reagieren. Nimm dir ruhig einen Moment, um tief durchzuatmen und deine Gedanken zu sortieren. Das macht impulsive Reaktionen, die du später bereust, unwahrscheinlicher.

Wie kann man reagieren, wenn andere zu persönlich werden?

Wenn du erkannt hast, dass es nicht angemessen wäre, bestimmte Details gegenüber bestimmten Personen preiszugeben, ist das ein wichtiger Schritt. Stattdessen kannst du dir Alternativen überlegen. Möchtest du dich dringend austauschen, kommt dafür vielleicht eine Person infrage, die dir nähersteht. Wenn du niemanden hast, könntest du dich deinem Tagebuch anvertrauen oder dir anonym in einem Forum Hilfe suchen.

In sozialen Netzwerken solltest du grundsätzlich nicht posten, wenn du gerade sehr emotional bist. Egal, ob du wütend auf deinen Ex-Freund bist oder dich deine Chefin genervt hat – behalte das lieber für dich. Du kannst darüber mit Freunden persönlich sprechen oder mit ihnen private Nachrichten austauschen. Für eine größere Öffentlichkeit sind solche Dinge meist ungeeignet.

Was, wenn andere „oversharen“? Dann könntest du subtil reagieren, indem du dich (leicht) wegdrehst oder die Ausführungen des anderen nicht aktiv ermutigst. Du könntest einsilbig antworten und nicht darauf eingehen, was jemand sagt – in der Hoffnung, dass er nicht noch mehr Details preisgibt. Alternativ könntest du auch direkt zur Sprache bringen, dass du dich unwohl fühlst. Was sich eignet, hängt von der Situation ab, um wen es geht und in welcher Beziehung diese Person zu dir steht.

Tipps für einen angemessenen Umgang mit Informationen

Es ist wichtig, bewusst zu überlegen, was du anderen erzählst, um ein ungewolltes Oversharing zu vermeiden. Das heißt nicht, dass du gar nichts Persönliches teilen darfst – du solltest nur gut abwägen, was du wem in welcher Situation mitteilst. Hier findest du Tipps, die dir dabei helfen können, das richtige Maß zu finden.

Angenommen, du hast den Wunsch, anderen etwas zu erzählen. Dann nimm dir einen Moment, um diesen Wunsch zu hinterfragen. Warum möchtest du dich der anderen Person mitteilen? Geht es dabei wirklich um genau diese Person – oder brauchst du einfach ein Ventil und könnest es genauso gut jemand anderem erzählen? Wie privat ist es, was dir auf dem Herzen liegt? Drehe den Spieß einmal um: Wie würdest du dich fühlen, wenn dein Gesprächspartner dir so etwas erzählen würde?

Vielleicht ist das Ergebnis deiner Überlegungen, dass du die betreffende Information ruhig teilen kannst. Dann mach das! Vielleicht kommst du aber auch zu dem Schluss, dass es doch etwas zu persönlich sein könnte. Dann behalte es lieber für dich, erzähle es jemandem, der dir näher steht, oder behalte dir vor, es zu einem späteren Zeitpunkt mitzuteilen, wenn du noch das Bedürfnis danach haben solltest.

Vorsicht bei Posts in sozialen Netzwerken

Besonders vorsichtig solltest du im Umgang mit Informationen sein, wenn es um Posts in sozialen Netzwerken, aber auch Nachrichten oder E-Mails geht. Du weißt oft nicht in letzter Konsequenz, wen diese Informationen erreichen könnten oder wer darauf Zugriff haben könnte. Überlege dir deshalb gut, was wirklich in einer privaten Nachricht oder einem öffentlichen Post geteilt werden muss.

Zugleich solltest du auf den Schutz deiner Daten in sozialen Medien achten. Überprüfe deine Privatsphäre-Einstellungen und begrenze nach Möglichkeit die Sichtbarkeit deiner Aktivitäten. Ein bekanntes Sprichwort lautet: Das Internet vergisst nichts. Das solltest du dir vergegenwärtigen, wenn du intime Details aus deinem Leben posten möchtest. Es ist schwer, einmal geteilte Inhalte wieder zu löschen – du weißt auch nicht, wer sie zwischenzeitlich schon gesehen hat und ob sie wirklich nirgendwo mehr auffindbar sind.

Oversharing: Wie es dazu kommt und wie man es verhindern kann

  • Oversharing bedeutet, dass jemand zu persönlich wird, indem er sehr private oder intime Details mitteilt – einer Person, die das gar nicht wissen möchte oder der das regelrecht unangenehm ist.
  • Meist betrifft es Gespräche zwischen Menschen, die sich nicht allzu gut kennen oder zumindest nicht eng befreundet sind. Auch in Freundschaften und Partnerschaften ist Oversharing jedoch möglich.
  • Zu Oversharing kommt es häufig unbeabsichtigt. Jemand möchte dann etwa ein unangenehmes Schweigen überbrücken oder missversteht die Signale der anderen Person.
  • Oversharing kann negative Konsequenzen haben: Die andere Person kann sich peinlich berührt und verunsichert fühlen. Dasselbe gilt, wenn jemand bemerkt, dass er zu viele Informationen geteilt hat.
  • Um Oversharing zu verhindern, ist Selbstreflexion ebenso wichtig wie bewusste Entscheidungen, was man wem erzählt. Das gilt für persönliche Kontakte ebenso wie Posts in sozialen Netzwerken.

Bildnachweis: fizkes / Shutterstock.com

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