Genehmigten Urlaub streichen: Ist das erlaubt?
Der Urlaubsantrag ist längst bewilligt, der Urlaub gebucht, die Vorfreude groß – doch plötzlich heißt es vom Arbeitgeber: Geht doch nicht. Der schon genehmigte Urlaub soll gestrichen werden. Aber geht das überhaupt? In diesem Beitrag erfährst du, was bei genehmigtem Urlaub gilt und wann der Arbeitgeber Urlaub streichen darf.
Urlaub streichen: Nur in Ausnahmefällen zulässig
Das folgende Szenario kommt gar nicht so selten vor: Die Reisepläne stehen fest, alles ist scheinbar geregelt und der Arbeitnehmer zählt die Tage bis zum langersehnten Urlaub. Doch dann funkt der Chef dazwischen und teilt mit, dass der Mitarbeiter den genehmigten Urlaub leider noch nicht nehmen kann. Manchmal treten Arbeitgeber auch mit der Bitte an Arbeitnehmer heran, ihren Urlaub freiwillig zu verschieben – etwa, weil die Urlaubsvertretung oder andere Kollegen erkrankt sind oder plötzlich viel zu tun ist.
Eine solche Botschaft sorgt bei vielen Betroffenen für Unmut – und lässt die Frage aufkommen, wann Arbeitgeber Urlaub streichen dürfen. Die gute Nachricht für betroffene Arbeitnehmer: Ohne Weiteres können Arbeitgeber bereits genehmigten Urlaub nicht streichen. Urlaub zu streichen ist nur in Ausnahmefällen möglich und mit hohen Hürden verbunden.
Hat der Chef die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter abgesegnet, muss er sich grundsätzlich auch daran halten. Stellt er später fest, dass er dich im betreffenden Zeitraum doch braucht, wird es für ihn schwierig, dich zur Rücknahme deines Urlaubs zu bewegen. Nur unter besonderen Umständen kommt eine Streichung des Urlaubs arbeitsrechtlich in Betracht.
Genehmigten Urlaub streichen: Wann ist das möglich?
Um bereits genehmigten Urlaub streichen zu können, braucht es einen gewichtigen Grund. Nur, weil es für den Arbeitgeber bequemer wäre, wenn du doch da wärst, kann er deinen Urlaub nicht infrage stellen. Ebenso ist es in den meisten Fällen nicht zulässig, den Urlaub wegen Personalmangel zu streichen.
Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, durch eine umsichtige Planung für einen reibungslosen Betriebsablauf zu sorgen. Mangelt es etwa allgemein an Personal, kann der Arbeitgeber dem begegnen, indem er neue Mitarbeiter einstellt. Tut er dies nicht und kommt es durch deinen Urlaub zu einem Engpass, kann er dich im Regelfall dennoch nicht davon abhalten, deinen Urlaub zu nehmen. Er kann den Personalmangel, der sich durch dein Fehlen ergibt, beheben, indem er Aushilfen oder Leiharbeiter einstellt.
Auch ein überraschendes Projekt ist in der Regel kein Grund, um genehmigten Urlaub zu streichen. Vielmehr bedarf es einer Notsituation, damit der Wunsch des Arbeitgebers, Urlaub zu streichen, gerechtfertigt ist. Das wäre etwa denkbar, um die Folgen einer Naturkatastrophe abzufedern. Sind die daraus resultierenden Probleme beherrschbar, wäre die Verweigerung des Urlaubs jedoch nicht rechtens.
Bewilligten Urlaub dürfen Arbeitgeber normalerweise nicht widerrufen
Auch bei einer Krise, die die Existenz des Betriebs bedroht, kann der Arbeitgeber gegebenenfalls den Urlaub eines Mitarbeiters streichen – vorausgesetzt, es hängt von dessen Arbeitskraft ab, ob die Krise überwunden werden kann. Das wäre etwa denkbar, wenn andernfalls eine Produktion zum Erliegen kommt. In der Praxis können Arbeitgeber nur in gravierenden Ausnahmefällen bereits bewilligten Urlaub streichen. In solchen Fällen darf es keine andere Möglichkeit geben, als dass der betreffende Mitarbeiter auf seinen Urlaub verzichtet. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers kann dann dazu führen, dass der Urlaub verschoben werden muss.
Dein Vorgesetzter kann nicht im Alleingang entscheiden, dass du deinen Urlaub nicht nehmen darfst. Er braucht dazu dein Einverständnis. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm geurteilt: „Ein einseitiger Widerruf bereits erteilten Urlaubs durch den Arbeitgeber ist nicht möglich, der festgelegte Urlaubstermin kann jedoch einvernehmlich geändert werden“ (LAG Hamm, 18 Sa 1457/02).
Es bedarf damit einer entsprechenden Vereinbarung, in der du dich dazu bereit erklärst, für den betreffenden Zeitraum auf deinen Urlaub zu verzichten. Auch der Grund für die Verschiebung des Urlaubs sollte in der Übereinkunft vermerkt sein. Wird dein Urlaub durch die Verschiebung teurer – etwa, weil du nun in der Hauptsaison Urlaub machen musst –, muss der Arbeitgeber dir die Differenz zu deinen ursprünglichen Kosten erstatten.
Urlaub teilweise streichen: Darf mein Chef mich früher aus dem Urlaub zurückholen?
Nicht immer kommt die Bitte eines Arbeitgebers, auf genehmigten Urlaub zu verzichten, vor dem Urlaub. Manchmal befindet sich der betreffende Mitarbeiter schon im Urlaub, wenn der Chef anfragt, ob er doch früher an den Arbeitsplatz zurückkehren könnte. Den Urlaub abbrechen, müssen Arbeitnehmer jedoch in aller Regel nicht. Im Normalfall kann dich dein Arbeitgeber nicht dazu zwingen, den Urlaub vorzeitig zu beenden.
Möglich ist ein Urlaubsabbruch nur, wenn du dazu bereit bist. Selbst eine Einigung mit dem Arbeitgeber hierüber kann jedoch unwirksam sein. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil im Jahr 2000 entschieden, dass eine solche Übereinkunft gegen zwingendes Urlaubsrecht verstößt und damit rechtsunwirksam ist (BAG, Urteil vom 20.6.2000, 9 AZR 405/99). Auch Klauseln im Arbeitsvertrag, nach denen sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, dich früher aus dem Urlaub zu holen, sind unzulässig.
Falls du dich freiwillig zum Urlaubsabbruch entschließt, solltest du darauf achten, dass du nicht auf den möglichen Kosten für eine vorzeitige Rückreise aus dem Urlaub sitzenbleibst. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dir die entstandenen Kosten – etwa Stornokosten oder Kosten für Flüge – zu erstatten. Das gilt im Zweifelsfall nicht nur für dich, sondern auch für Mitreisende.
Entsprichst du der Bitte des Arbeitgebers nicht, früher aus dem Urlaub zurückzukehren, drohen dir dafür keine Strafen. Das gilt auch dann, wenn du dich schon bereit erklärt hast, den Urlaub abzubrechen und dich dann doch entscheidest, den Urlaub wie vorgesehen zu nutzen.
Einen Urlaubswunsch als Arbeitnehmer zurückziehen: Geht das?
Nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmer sind an genehmigten Urlaub gebunden. Wenn du als Arbeitnehmer feststellst, dass dir der Urlaubszeitraum doch nicht so gut passt, stehen die Chancen auf eine Rücknahme des Urlaubs schlecht. Natürlich kannst du mit deinem Vorgesetzten reden. Falls es für ihn unerheblich ist, wann du im Urlaub bist, lässt sich so womöglich eine Einigung erzielen. Einen Anspruch darauf hast du jedoch nicht. Daran ändern prinzipiell auch Krisen (wie z. B. die Corona-Krise) nichts.
Urlaub antreten gegen den Willen des Arbeitgebers?
Wenn dir dein Chef den Urlaub streichen möchte, aber keinen schwerwiegenden Grund hierfür vorbringen kann, ist dies sehr wahrscheinlich unzulässig. Trotzdem solltest du vorsichtig sein – und den Urlaub nicht antreten, wenn du keine Genehmigung des Arbeitgebers hast.
Wenn du den Widerruf des Urlaubsantrags durch den Chef ignorierst, riskierst du schwerwiegende Folgen – auch, wenn dieser Widerruf nicht hinreichend begründet ist. Dir droht eine Abmahnung. Auch eine Kündigung ist denkbar. Wer eigenmächtig Urlaub antritt, begeht aus arbeitsrechtlicher Sicht einen groben Pflichtverstoß, der solche Konsequenzen rechtfertigen kann. Bei einem Streit mit dem Arbeitgeber über deinen Urlaub solltest du dich an einen Anwalt wenden. Über ein Arbeitsgericht kannst du eine einstweilige Verfügung erwirken, mit der der Arbeitgeber verpflichtet wird, dir deinen Urlaub wie vereinbart zu gewähren.
Urlaubswunsch genehmigt unter Vorbehalt: Ist das zulässig?
Manchmal möchten sich Arbeitgeber ein Widerrufsrecht vorbehalten, das es ihnen erlaubt, bereits bewilligten Urlaub doch noch abzulehnen. Eine solche Vereinbarung ist jedoch nicht zulässig. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Das Gericht ging noch einen Schritt weiter: Selbst, wenn der Arbeitgeber den Urlaub bei einer entsprechenden Vereinbarung nicht widerruft und der Arbeitnehmer ihn wie vorgesehen antritt, gelten die Urlaubstage als unverbraucht. Das Gericht hatte argumentiert, dass der Urlaub in einem solchen Fall nicht selbstbestimmt gestaltet werden könnte. Der Mitarbeiter müsste jederzeit damit rechnen, dass ihn der Arbeitgeber zurück an den Arbeitsplatz beordert.
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