Ein Mann in der Altenpflege, hier gibt es Fachkräftemangel

Fachkräftemangel: Wo werden Fachkräfte gesucht?

Manche Arbeitgeber werden mit Bewerbungen überschüttet, wenn sie freie Positionen zu besetzen haben. Andere haben hingegen Schwierigkeiten, überhaupt geeignete Bewerber zu finden. Das kann an einem Fachkräftemangel liegen. In diesem Beitrag erfährst du, was mit dem Fachkräftemangel gemeint ist, ob es in Deutschland tatsächlich einen gibt und in welchen Branchen es besonders häufig zu wenig Fachkräfte gibt.

Fachkräftemangel: Was ist damit gemeint?

Wenn von einem Fachkräftemangel die Rede ist, bedeutet dass, dass es zu wenige Fachkräfte gibt. Meist bezieht sich ein Fachkräftemangel auf eine bestimmte Branche, auf bestimmte Berufe oder Regionen. Arbeitgeber, die in entsprechenden Bereichen Stellen ausschreiben, haben dann oft Probleme, die Position zeitnah mit einem geeigneten Bewerber zu besetzen. Das kann dazu führen, dass die Stellenbesetzung sich in die Länge zieht.

Herrscht in einem bestimmten Bereich ein Fachkräftemangel, macht sich das meist auch bei der Besetzung von Ausbildungsstellen bemerkbar. Es gibt dann oft nicht nur allgemein wenige Bewerber, sondern auch wenige Bewerber, die eine Ausbildung machen möchten. Durch den fehlenden Nachwuchs verschärft sich ein bestehender Fachkräftemangel zusätzlich.

Abzugrenzen ist ein Fachkräftemangel von einem allgemeinen Mangel an Arbeitskräften. Der Begriff Arbeitskraft bildet ein breites Spektrum ab; Arbeitskräfte können hochqualifiziert sein oder kaum Qualifikationen vorweisen. Das ist bei Fachkräften anders. Sie haben in aller Regel entweder studiert oder eine Berufsausbildung gemacht. Das bedeutet, dass es einen Fachkräftemangel geben kann, auch wenn es nicht grundsätzlich an Arbeitskräften mangelt.

Fachkräftemangel in Deutschland

Auf den ersten Blick scheint es ein Widerspruch zu sein: Kann es einen Fachkräftemangel in Deutschland geben, obwohl nicht alle Menschen im erwerbsfähigen Alter einen Job haben? Schließlich gibt es – Stand März 2021 – rund 2,8 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Tatsächlich schließen sich Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel nicht aus. Nicht jeder Arbeitslose ist automatisch auch eine Fachkraft. Viele, wenn auch längst nicht alle, Arbeitslose sind gering qualifiziert.

Ein möglicher Fachkräftemangel ist also von den Arbeitslosenzahlen losgelöst und hängt ausschließlich mit der Zahl an Fachkräften zusammen. Und hier zeigt sich eine Diskrepanz zwischen dem Angebot an offenen Stellen und der Zahl der Bewerber: Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zufolge gab es im Jahr 2018 Engpässe in 391 von 753 untersuchten Berufen in Deutschland.

Einen Fachkräftemangel gibt es in manchen Branchen, wobei nicht alle Arbeitgeber dies in Form ausbleibender beziehungsweise zu weniger Bewerbungen spüren müssen. Es kommt letztlich auch darauf an, wie attraktiv ein bestimmter Arbeitgeber ist. Wer mit arbeitnehmerfreundlichen Bedingungen punkten kann, hat tendenziell auch bei einem Fachkräftemangel geringere Personalsorgen als eine Firma, die einen weniger guten Ruf hat.

Verschärfung des Fachkräftemangels durch die Corona-Krise?

Gibt es einen Fachkräftemangel in einem bestimmten Bereich, kann sich dies kurz-, mittel- oder langfristig wieder ändern. Insgesamt betrachtet könnte es in Deutschland jedoch mittelfristig weiterhin zu wenige qualifizierte Arbeitskräfte geben. So prognostizierte die Unternehmensberatung Boston Consulting Group im Jahr 2015 in einer Analyse, dass in Deutschland bis zum Jahr 2030 bis zu 7,7 Millionen Arbeitskräfte fehlen könnten.

In manchen Branchen hat die Corona-Krise die Lage verschärft. In einigen Bereichen – wie etwa der Pflege – sind viele Arbeitgeber auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. Während der Corona-Krise sind jedoch weniger Menschen auf der Suche nach Arbeit nach Deutschland gekommen. Zugleich planen laut dem International Council of Nurses (ICN), dem Weltbund der Krankenschwestern und -pfleger, viele Pflegekräfte wegen der Corona-Pandemie, ihren Beruf aufzugeben. Auch diese Entwicklung trägt zum Fachkräftemangel in der Pflege bei.

Auch der demografische Wandel tut sein Übriges: Es gibt verhältnismäßig viele ältere Arbeitnehmer, die in absehbarer Zeit in Rente gehen werden. Auf sie folgen weniger jüngere Beschäftigte, die die Lücke nicht vollständig füllen können.

Fachkräftemangel: Nur ein Mythos?

Von einem Fachkräftemangel ist immer wieder die Rede. Dabei gibt es auch Stimmen, die bezweifeln, dass es in Deutschland überhaupt einen Fachkräftemangel gibt. Ein Kritikpunkt: Es gibt keinen Fachkräftemangel, der alle Regionen des Landes gleichermaßen trifft. Häufig suchen Arbeitgeber in manchen Regionen händeringend nach fähigen Bewerbern, während Arbeitgeber in anderen Regionen kaum Probleme bei der Besetzung von Stellen haben. Von einem Fachkräftemangel kann dann nur im Hinblick auf die jeweiligen Regionen gesprochen werden.

Fraglich ist manchmal auch, ob ein bestehender Fachkräftemangel tatsächlich unvermeidlich war. Mitunter sind es die Arbeitgeber selbst, die entweder zu hohe Erwartungen an ihre Bewerber haben oder die ihrerseits nicht attraktiv für Bewerber sind. Hierbei spielt auch das Employer Branding eine wichtige Rolle. Wenn Arbeitgeber keinen guten Ruf haben, werden sie naturgemäß weniger Bewerber haben als Unternehmen, deren Außenwirkung positiv ist.

Wenn es einem Unternehmen an Bewerbern mangelt, kann das verschiedene Ursachen haben. Ein wichtiger Aspekt sind die Arbeitsbedingungen, mit denen auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einhergeht, die vielen Arbeitnehmern wichtig ist. Es kommt jedoch auch auf den Job an sich an. Unattraktive Jobs, die noch dazu schlecht bezahlt werden, locken auch weniger Bewerber an. Eine bessere Bezahlung kann in solchen Fällen helfen, Stellen zeitnah zu besetzen und Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Viele Arbeitgeber sind jedoch nicht dazu bereit, ihren Mitarbeitern höhere Löhne zu zahlen.

Engpassberufe: Wo fehlen Fachkräfte?

In welchen Bereichen es nicht genügend Fachkräfte gibt, lässt sich an den jährlichen Engpassanalysen der Bundesagentur für Arbeit ablesen. Engpass- oder Mangelberufe sind Berufe, bei denen es signifikant zu wenige Bewerber für offene Stellen gibt. Dadurch kommt es typischerweise zu Verzögerungen bei der Besetzung von Stellen, aber auch Ausbildungsplätzen.

Ein Fachkräftemangel betrifft meist entweder Berufe, die einen hohen Spezialisierungsgrad erfordern, oder Berufe, die aus bestimmten Gründen unattraktiv für Arbeitnehmer sind. So gehören viele Berufe zu den Engpassberufen, die mit einer geringen Bezahlung und einem anstrengenden Joballtag einhergehen. Wer kann, sucht sich meist einen anderen Job.

Zugleich sind Berufe vom Fachkräftemangel übermäßig stark betroffen, die entweder schwerpunktmäßig von Frauen oder hauptsächlich von Männern ausgeübt werden. Dazu zählen etwa Pflegeberufe, in denen besonders häufig Frauen tätig sind. Der Fachkräftemangel in der Pflege ist schon lange bekannt und wird sich wohl auf absehbare Zeit nicht ändern, wenn sich nicht die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung verbessern. Viele Arbeitgeber setzen verstärkt auf ausländische Arbeitskräfte, um den Mangel an Bewerbern aus dem Inland zu kompensieren.

Auch ungewöhnliche Berufe haben häufiger mit einem Mangel an Fachkräften zu kämpfen, vor allem, weil sie potenziellen Auszubildenden oder Bewerbern einfach nicht in den Sinn kommen.

Fachkräftemangel im Handwerk

Männerdominierte Jobs, in denen es an Fachkräften mangelt, sind insbesondere im gewerblich-technischen Bereich zu finden. Dass Stellen etwa im Tiefbau, der Maschinen- und Fahrzeugtechnik, der Metallverarbeitung oder der Ver- und Entsorgung vielfach nicht besetzt werden können, hängt auch damit zusammen, dass weniger junge Menschen sich für eine Ausbildung entscheiden, die den Weg in diese Bereiche ebnet. Der Trend zu einer akademischen Ausbildung führt dazu, dass in typischen Ausbildungsberufen in vielen Fällen Fachkräfte fehlen.

Auch der MINT-Bereich – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – ist vielerorts von einem Mangel an qualifizierten Bewerbern geprägt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln prognostiziert deshalb bis zum Jahr 2031 einen Mangel an knapp 300.000 Fachkräften im MINT-Bereich. Dazu gehört auch der IT-Fachkräftemangel, den nach Zahlen des Statistischen Bundesamts 66 Prozent der befragten Unternehmen zu spüren bekommen.

Einen Fachkräftemangel gibt es auch im Handwerk. Der Fachkräftemangel im Handwerk betrifft unter anderem das Baugewerbe in seinen vielfältigen Ausprägungen. Es gibt in vielen Regionen nicht genügend Bewerber im Garten- und Landschaftsbau, in der Friedhofsgärtnerei und dem Tief- und Straßenbau. Auch angehende und ausgebildete Fleischer, Klempner und Fachverkäufer für das Lebensmittelhandwerk sind in vielen Gebieten Deutschlands Mangelware. Der Fachkräftemangel im Handwerk hat vielfach mit unattraktiven Tätigkeitsfeldern und einer schlechten Vergütung zu tun.

Ein weiteres Beispiel für ein Feld, welches stellenweise von einem Fachkräftemangel betroffen ist, ist der öffentliche Dienst. Nach einer Prognose des Wirtschaftsprüfungsinstituts PricewaterhouseCoopers (PwC) könnten bis zum Jahr 2030 rund 816.000 Stellen in diesem Bereich unbesetzt bleiben.

Lösungsansätze: Ideen zur Behebung des Fachkräftemangels

Ein Fachkräftemangel hemmt die wirtschaftliche Entwicklung – das gilt sowohl auf übergeordneter Ebene als auch in Bezug auf einzelne Unternehmen, die Probleme damit haben, fähige Bewerber für freie Stellen zu finden. So manch ein Engpass ist nach vergleichsweise kurzer Zeit überstanden. In anderen Fällen ist der Mangel strukturell – und hält langfristig an, wenn nicht geeignete Maßnahmen dagegen ergriffen werden.

Was kann man gegen einen Fachkräftemangel tun? Zunächst einmal ist es wichtig, schon beim Nachwuchs anzusetzen. Wenn etwa in Schulen aktiver für bestimmte Berufe geworben wird, wenn mit klischeebehafteten Geschlechtervorstellungen aufgeräumt wird, kann das dafür sorgen, dass mehr junge Menschen einen Engpassberuf ergreifen. Das gilt besonders für Berufe, die nicht weithin bekannt, aber mit vergleichsweise guten Bedingungen und Perspektiven verbunden sind.

Attraktivere Bedingungen, mehr Bewerber

Längst nicht immer reicht es aber aus, Werbung für einen bestimmten Beruf zu machen. Manchmal liegt es nicht daran, dass Schulabgänger nicht genügend über einen Beruf wissen, sondern dass das, was sie wissen, sie nicht anspricht. Das betrifft viele Berufe, die mit schwerer körperlicher Arbeit, viel Stress und einer schlechten Bezahlung einhergehen. Hier sind Arbeitgeber gefragt, die Arbeitsbedingungen möglichst arbeitnehmerfreundlich zu gestalten.

Auch die Entlohnung darf dabei nicht ausgeklammert werden. Wären mehr Arbeitgeber bereit, höhere Gehälter für wenig attraktive Jobs zu zahlen, könnte dem Fachkräftemangel in vielen Fällen wirkungsvoll begegnet werden. Arbeitgeber wären dann auch weniger darauf angewiesen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben.

Lösungsansätze für die Behebung des Fachkräftemangels bietet auch die Integration bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern beziehungsweise Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. So können etwa Arbeitslose bewusst qualifiziert werden. Über Umschulungen, die vom Arbeitsamt gefördert werden, können auch Quereinsteiger dabei helfen, den Fachkräftemangel in bestimmten Bereichen auszubremsen.

Ein Potenzial bieten auch Menschen, die erst vor kurzem als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Wenn sie rasch Sprachkompetenzen erwerben und die Integration in den Arbeitsmarkt vergleichsweise unkompliziert möglich ist, können sie ebenfalls ein Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel sein.

Bildnachweis: Photographee.eu / Shutterstock.com


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