Ausbildung abbrechen: Was du jetzt tun kannst
Soll ich meine Ausbildung abbrechen? Es fällt sicher nicht leicht, diese Frage zu stellen. Denn bei vielen Azubis dauert es lange, bis der ersehnte Ausbildungsplatz überhaupt gefunden ist. Auf der anderen Seite ist es aber gar nicht so selten, dass Azubis (oder der Ausbildungsbetrieb) den Ausbildungsvertrag kündigen: Im Jahr 2015 wurden etwa ein Viertel aller Ausbildungsverträge schon im ersten Jahr aufgelöst und die Ausbildung damit abgebrochen. Trotzdem sollten Azubis nicht leichtfertig die Ausbildung beenden, sondern sich vorher ausreichend Gedanken machen.
Ausbildung abbrechen: Darum bitte nicht voreilig
Um es vorwegzunehmen: Faulheit oder Unlust sind keine guten Gründe, um eine Ausbildung abzubrechen. Wenn du dich von diesen Dingen hinreißen lässt und deinem Arbeitgeber alles vor die Füße schmeißt, wird dein übriges Arbeitsleben vermutlich nicht gerade von Erfolg gekrönt sein. Denn in jedem Job gibt es hin und wieder Situationen, die nicht optimal sind. Das gehört nun einmal zum Leben dazu. Wer sich davon jedoch sofort entmutigen lässt, dem fehlt eine ganz wichtige Fähigkeit: Impulskontrolle.
Fehlende Impulskontrolle könnte außerdem dazu führen, dass du bei der nächsten Herausforderung ebenfalls gewillt bist, schnell die Flinte ins Korn zu werfen. Und spätestens nach dem 2. oder 3. Jobwechsel innerhalb kurzer Zeit wirst du Probleme bekommen, dies im Bewerbungsgespräch vernünftig zu erklären. Die Folge: Der nächste Ausbildungs- oder Arbeitsplatz rückt in weite Ferne.
Ausbildungsabbruch oder vorzeitige Vertragsauflösung: Die Unterschiede
Wenn man davon spricht, die Ausbildung abzubrechen, können 2 unterschiedliche Dinge damit gemeint sind:
- Vorzeitige Vertragsauflösung: Dabei wird der Ausbildungsvertrag vorzeitig beendet. Allerdings ist das nicht automatisch gleichbedeutend damit, dass der Azubi die Ausbildung abbricht. Bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung ist auch denkbar, dass der Azubi nahtlos in einen anderen Ausbildungsbetrieb wechselt und dort die Ausbildung fortführt. An der Ausbildung und vor allem dem dualen System ändert sich dabei nichts.
- Ausbildungsabbruch: Von einem Ausbildungsabbruch spricht man dagegen, wenn der Azubi keine neue Ausbildung beginnt oder die angefangene Ausbildung nicht in einem anderen Betrieb weiterführt. Der Azubi beendet dabei die Ausbildung, ohne einen Berufsabschluss zu erwerben.
Ausbildung abbrechen: Diese Gründe sprechen dafür
Ein einmaliger Ausbildungsabbruch kann vorkommen. Solange du die Ausbildung aus den „richtigen“ Gründe abbrichst, wirst du vermutlich in den nächsten Vorstellungsgesprächen nicht allzu große Probleme bekommen.
Denke aber immer daran, dass potenzielle Ausbilder es nicht gerne sehen, wenn Azubis ihre Ausbildung abbrechen. Ganz einfach deshalb, weil sie vermuten, du könntest das in ihrem Unternehmen auch tun. Überlege dir den Schritt vorab also sehr sorgfältig und sammle über mindestens einige Wochen triftige Gründe, warum du deine Ausbildung abbrechen möchtest.
Dazu gehören:
- Falsche Angaben: Im Vorstellungsgespräch zum Ausbildungsplatz wurden dir ganz andere Dinge erzählt, als du nun täglich machen darfst. Du bekommst immer mehr den Eindruck, dass deine Aufgaben mit dem eigentlichen Ausbildungsberuf nichts zu tun haben. Wenn du das Gefühl hast, nicht den Beruf zu erlernen, der dir versprochen wurde, kann das durchaus ein Grund dafür sein, die Ausbildung abzubrechen.
- Wenig Betreuung: Wenn dein Ausbilder nicht dabei hilft, dass du den Beruf richtig erlernen kannst, könnte auch das eine Rechtfertigung dafür sein, die Ausbildung abzubrechen. Schließlich sind die Inhalte einer Ausbildung genau definiert. Das bedeutet, dass dein Ausbildungsbetrieb sich daranhalten muss. Tut er das nicht, kann man dir nur wenig Vorwürfe machen.
- Gesundheitliche Probleme: Gerade in handwerklichen oder körperlich anstrengenden Berufen, wie beispielsweise in der Pflege, können auch gesundheitliche Probleme ein Grund für den Ausbildungsabbruch sein.
- Falsche Entscheidung: Last but not least kann es auch einfach sein, dass du dich geirrt hast. Vielleicht hast du dir von dem Beruf etwas ganz anderes erwartet, als du nun jeden Tag lernst. Bevor du den Rest deines Lebens in einem Beruf zubringst, der dir keinen Spaß macht, könnte der Abbruch der Ausbildung tatsächlich eine Option für dich sein. Allerdings will diese Option immer gut überlegt sein.
Ausbildung abbrechen: Was dann?
Tatsächlich solltest du dir diese Frage stellen, bevor du den Ausbildungsvertrag kündigst. Denn ganz ohne neue Ausbildung oder zumindest einen Plan B die Ausbildung abzubrechen, ist recht fahrlässig. Unter Umständen findest du nämlich nicht sofort einen neuen Arbeitsplatz – und Lücken im Lebenslauf sehen Personaler nicht so gerne.
Im schlimmsten Fall droht dir sogar, am Ende ganz ohne abgeschlossene Ausbildung dazustehen. Denn so selten ist das tatsächlich gar nicht. Jährlich bleiben mehr als 15 Prozent der Jugendlichen in Deutschland ohne abgeschlossene Berufsausbildung.
Gute Planung ist also notwendig, wenn du einen derart weitreichenden Schritt wie den Ausbildungsabbruch planst. Das gelingt dir zum Beispiel so:
- Prüfen: Reflektiere, weshalb du mit der jetzigen Ausbildung unzufrieden bist. Wenn du weißt, was dich an deiner aktuellen Ausbildung stört, kannst du das beim nächsten Mal vielleicht vermeiden. Wenn du überlegst, die Ausbildung abzubrechen, weil dir im Vorstellungsgespräch etwas Irreführendes erzählt wurde, dann berücksichtige das für die Zukunft. Dann solltest du vor dem nächsten Gespräch ausführlich im Netz recherchieren, was dich in dem jeweiligen Beruf überhaupt erwartet. Unter Umständen helfen dir Erfahrungen anderer Azubis weiter, um beim nächsten Mal zu verhindern, dass du die Ausbildung abbrechen musst. Auch Informationen über die Firma, bei der du dich bewirbst, findest du in aller Regel im Netz. Schau doch mal bei den großen Portalen nach, wie dein Ausbildungsbetrieb in spe dort bewertet wird.
- Suchen: Bevor du deine aktuelle Ausbildung abbrichst, solltest du nach neuen Perspektiven suchen. Bleibe dabei so realistisch wie möglich: Was ist in deiner aktuellen Situation überhaupt möglich? Vielleicht befindest du dich mitten im Ausbildungsjahr und wirst daher vermutlich so schnell keinen neuen Ausbildungsplatz finden. Stattdessen könntest du die Wartezeit mit einem Praktikum oder auch einer ehrenamtlichen Tätigkeit füllen. Wichtig ist, dass du einen Plan hast, bevor du zur Tat schreitest. Überlegst du dir den Plan nämlich erst nach deiner Kündigung, könnte es zu spät sein.
- Finden: Apropos Praktikum, das könnte auch dein Einstieg in den neuen Ausbildungsvertrag sein. Gerade kleinere, inhabergeführte Unternehmen geben häufig Bewerbern eine Chance, die Einsatzbereitschaft und Motivation zeigen. Und sehen damit darüber hinweg, dass diese die frühere Ausbildung abgebrochen haben. Vielleicht gibt es in deiner Nähe einen derartigen Betrieb, bei dem du zunächst ein Praktikum absolvieren könntest. Wenn es dir gelingt, den Chef davon zu überzeugen, dass er sich auf dich verlassen kann, gibt er dir vielleicht die Chance auf einen Ausbildungsvertrag. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass du dich so richtig ins Zeug legst.
Ausbildung abbrechen: Hier gibt es Hilfe
Dass Azubis ihre Ausbildung abbrechen oder zumindest mit dem Gedanken spielen, kommt gar nicht so selten vor. Daher gibt es auch einige Anlaufstellen, an die du dich wenden kannst:
- Handwerkskammer: Bei den Handwerkskammern arbeiten Ausbildungsberater, die dich auch dann unterstützen, wenn du unzufrieden mit deiner aktuellen Ausbildung bist.
- Agentur für Arbeit: Auch die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit können dir dabei helfen, den Übergang von einem Ausbildungsbetrieb in den nächsten möglichst reibungslos zu gestalten.
- Ansprechpartner im Ausbildungsbetrieb: Mit etwas Glück kannst du auch bei deinem Ausbilder ein offenes Ohr für deine Probleme finden. Vielleicht hast du sogar so viel Glück, dass sich die Probleme lösen lassen. Dann müsstest du die Ausbildung gar nicht abbrechen.
Ausbildung abgebrochen: Und dann?
Wenn du die Ausbildung abgebrochen hast, solltest du dich zunächst darum kümmern, deine Unterlagen von deinem ehemaligen Ausbilder zu bekommen. Dazu gehören:
- Arbeitszeugnis
- Arbeitspapiere wie Lohnsteuerkarte und ggf. Sozialversicherungsausweis
Daneben muss dein ehemaliger Ausbildungsbetrieb deine Vergütung weiterzahlen, bis du endgültig aus dem Betrieb ausscheidest. Mit anderen Worten: Bis zum Ende der Kündigungsfrist erhältst du Geld.
Auch deinen Resturlaub oder Überstunden kannst du entweder abfeiern oder ausbezahlen lassen. Letztere Variante bietet sich vor allem dann an, wenn die Kündigungsfrist recht kurz ist.
Übrigens: Eine Sperre von 3 Monaten beim Arbeitslosengeld I ist nicht ganz unwahrscheinlich, wenn du selbst die Ausbildung abgebrochen hast. Auch aus diesem Grund ist es also durchaus sinnvoll, dir über den Schritt gründlich Gedanken zu machen und nicht leichtfertig die Ausbildung abzubrechen.
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