Ein Mann bespricht Probleme bei der Psychologin und steht vor der Berufsunfähigkeit

Berufsunfähigkeit: Wie kann man sich davor schützen?

Vor einer Berufsunfähigkeit ist niemand geschützt. Eine Krankheit, ein Unfall mit Langzeitfolgen oder psychische Probleme können dazu führen, dass man seinen Beruf ganz oder teilweise nicht mehr ausüben kann. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Berufsunfähigkeit gegeben ist? Ist sie gleichzusetzen mit einer Erwerbsunfähigkeit? Wie kann man für den Ernstfall vorsorgen – und mit welcher Hilfe kann man bei Berufsunfähigkeit rechnen? Das und mehr erfährst du hier.

Was bedeutet Berufsunfähigkeit?

In welcher Situation kann von einer Berufsunfähigkeit die Rede sein? Die Berufsunfähigkeits-Definition ergibt sich aus dem Versicherungsvertragsgesetz. Als berufsunfähig gelten Personen, die ihren Beruf ganz oder teilweise nicht mehr ausüben können. Berufsunfähigkeit betrifft immer einen bestimmten Beruf, was sie von der Erwerbsunfähigkeit unterscheidet. Wer erwerbsunfähig ist, kann keinen Beruf (voll) ausüben. Bei Berufsunfähigkeit kommt eine andere Tätigkeit hingegen grundsätzlich infrage.

Berufsunfähigkeit kann grundsätzlich jeden Arbeitnehmer treffen, egal, welchen Job er ausübt und wie alt er ist. Berufsanfänger können ebenso berufsunfähig werden wie ältere Beschäftigte. Allerdings ist das Risiko bei verschiedenen Berufen ungleich verteilt. Ein eher geringes Risiko der Berufsunfähigkeit haben etwa Ärzte, Psychologen oder Zahnärzte. Bei Verkäufern, Technikern und Kaufleuten ist es statistisch schon etwas höher. Am häufigsten betroffen sind Personen, die körperlich stark fordernde Berufe ausgeübt haben. Wer etwa als Dachdecker, Bauarbeiter oder im Garten- und Landschaftsbau arbeitet, hat ein deutlich höheres Risiko für Berufsunfähigkeit als jemand mit einem Bürojob. Trotzdem kann Berufsunfähigkeit natürlich auch bei Bürojobs ein Thema sein.

Nach einer Studie des Analysehauses Morgen & Morgen lag der Grund für die Berufsunfähigkeit im Jahr 2018 bei fast jedem dritten Betroffenen in psychischen Erkrankungen. Stress und Überlastung am Arbeitsplatz können das Risiko einer Berufsunfähigkeit erhöhen. Davon sind auch viele Arbeitnehmer in Büros betroffen. Auch Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparats, Krebs und andere schwere Krankheiten führen häufig dazu, dass Beschäftigte ihren Beruf (teilweise) nicht mehr ausüben können.

Diese Kriterien müssen für eine Berufsunfähigkeit erfüllt sein

Um Berufsunfähigkeit im versicherungsrechtlichen Sinn kann es sich nur handeln, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Das sind die Voraussetzungen:

  • Betroffene sind nicht mehr dazu in der Lage, ihren ausgeübten Beruf in vollem Umfang auszuüben
  • Ein behandelnder Arzt oder Gutachter hat eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent bestätigt
  • Die Situation darf nicht nur vorübergehend sein, sondern muss für voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern

Ob die Kriterien für eine Berufsunfähigkeit erfüllt sind, entscheidet darüber, welche Unterstützung Betroffene erhalten können.

Wie kann man Berufsunfähigkeit beantragen?

Wer körperlich oder psychisch beeinträchtigt ist, fragt sich bei Berufsunfähigkeit: wer zahlt? Betroffene können auf verschiedene Weise Unterstützung erhalten. Bestimmte Versicherungsträger zahlen etwa Behandlungskosten, tragen die Kosten für eine Umschulung oder kommen für eine Rente auf.

Ein Leistungsanspruch setzt jedoch voraus, dass die Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit auch offiziell festgestellt wurde. Dafür musst du zunächst Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit beantragen. Vordrucke erhältst du beim Versicherungsträger. Nimm dir Zeit, den Antrag auf Berufsunfähigkeit auszufüllen. Gegebenenfalls solltest du dir dabei externe Unterstützung suchen. Unterlaufen dir Fehler, kann das weitreichende Folgen haben. Schlimmstenfalls wird dein Antrag auf Berufsunfähigkeit abgelehnt oder du erhältst weniger Geld als eigentlich möglich gewesen wäre.

Wenn du Berufsunfähigkeit beantragst, musst du verschiedene Nachweise mitschicken. Das betrifft zum Beispiel ärztliche Gutachten. Wenn du deinen Antrag abgeschickt hast, prüft der Versicherungsträger, ob tatsächlich eine Berufsunfähigkeit (oder Erwerbsunfähigkeit) vorliegt.

Berufsunfähigkeit: Umschulung als Ausweg?

Eine Berufsunfähigkeit stellt die Betroffenen häufig vor finanzielle Probleme. Dabei muss es nicht zum Dauerzustand werden, dass man nicht mehr (voll) arbeitet. Eine Umschulung kann ein Weg sein, Berufsunfähigkeit zu überwinden.

Bei einer Umschulung erlernst du einen anderen Beruf. Das dauert bis zu zwei Jahre; anschließend kannst du beruflich wieder durchstarten. Wenn Wiedereingliederungsmaßnahmen oder eine Rehabilitation nicht das gewünschte Ergebnis gebracht haben, kommt die Umschulung in Betracht. Es ist sinnvoll, die Umschulung beim zuständigen Versicherungsträger frühzeitig zu beantragen – am besten noch während der Reha-Maßnahme.

Welchen Beruf sie erlernen möchten, müssen Betroffene nicht alleine entscheiden. Ihre Ansprechpartner beim jeweiligen Träger können sie beraten, welche Tätigkeiten zu ihrem Profil und ihren Kenntnissen passen. Wer bei Berufsunfähigkeit zuständig ist, hängt davon ab, wodurch die Berufsunfähigkeit bedingt ist. Bei vielen Erkrankungen ist das die gesetzliche Rentenversicherung. Hat ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zu einer Berufsunfähigkeit geführt, ist die jeweilige Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung der richtige Ansprechpartner. Der zuständige Träger übernimmt die Kosten für die Umschulung bei Berufsunfähigkeit. Außerdem haben Betroffene Anspruch auf Übergangsgeld.

Diese Unterstützung können berufsunfähige Menschen erhalten

Wenn eine Berufsunfähigkeit festgestellt wird, geht es im nächsten Schritt darum, zu versuchen, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Dafür kann eine berufliche Wiedereingliederung ausreichend sein oder eine Rehabilitations-Maßnahme. Wer nicht mehr arbeiten kann, erhält zunächst für sechs Wochen seinen üblichen Lohn vom Arbeitgeber. Anschließend springt die Krankenkasse mit Krankengeld ein, welches längstens 72 Wochen bezogen werden kann.

Sollte wegen Berufsunfähigkeit eine Umschulung nötig sein, werden die Kosten hierfür vom zuständigen Versicherungsträger übernommen. Auch Übergangsgeld können Betroffene erhalten.

Eine Berufsunfähigkeitsrente gibt es seit dem Jahr 2001 nicht mehr. Nur Menschen, die bis zum 1. Januar 1961 geboren wurden und die bis zum 1. Januar 2001 eine Berufsunfähigkeitsrente beantragt hatten, können die Rente weiterhin bekommen. Alternativ kommt gegebenenfalls eine Erwerbsminderungsrente infrage. Dafür muss jedoch eine teilweise oder komplette Erwerbsminderung vorliegen.

Wann besteht Anspruch auf Erwerbsminderungsrente?

Eine Erwerbsminderung setzt voraus, dass du nicht nur deinen eigentlichen Beruf nicht mehr voll ausüben kannst, sondern auch keinen anderen. Die Erwerbsminderung bemisst sich daran, inwiefern Betroffene noch arbeiten können. Ist noch eine tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden und mehr möglich, liegt keine Erwerbsminderung vor. Teilweise erwerbsgemindert ist, wer noch drei bis sechs Stunden am Tag arbeiten kann. Wer weniger arbeiten kann als das, gilt als voll erwerbsgemindert.

Eine Erwerbsminderungsrente kann nur bekommen, wer seit mindestens fünf Jahren (60 Monate) in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt hat. Mindestens 36 Monate hiervon muss es sich um Pflichtbeiträge gehandelt haben. Das entspricht drei Jahren, weshalb auch von der 3/5-Belegung die Rede ist.

Viele Arbeitnehmer sind nicht ausreichend vor Berufsunfähigkeit geschützt

Wer seinen Beruf aus bestimmten Gründen nicht mehr ausüben kann, ist oft doppelt belastet: Er leidet unter der Krankheit, die einer Arbeitstätigkeit im Weg steht, und muss gleichzeitig finanzielle Einbußen hinnehmen. Wer eine Umschulung macht, kann häufig nach einiger Zeit wieder voll ins Berufsleben einsteigen. Bis dahin ist die Situation vieler Betroffener schwierig. Zwar gibt es Hilfen wie Übergangsgeld. Das Übergangsgeld macht jedoch nur 68 Prozent des bisherigen Nettogehalts aus. Wer Kinder hat, für die er Kindergeld bezieht, bekommt immerhin 75 Prozent des früheren Verdiensts. Gerade in schlecht bezahlten Jobs reicht das aber womöglich nicht aus, um über die Runden zu kommen.

Die Hürden für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente sind hoch. Meist gibt es verschiedene andere Tätigkeiten, die alternativ zum eigentlich ausgeübten Beruf infrage kommen. Eine Erwerbsminderungsrente scheidet damit in vielen Fällen aus. Wer sie doch bekommt, ist oft überrascht, wie gering sie ausfällt. Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt vom früheren Gehalt ab. Selbst bei vollständiger Erwerbsminderung erhalten Betroffene oft nur rund ein Drittel des früheren Bruttolohns. Bei einer teilweisen Erwerbsminderung verringert sich der Satz weiter.

Besonders schlimm kann es Selbständige und Berufsanfänger treffen. Selbständige erfüllen die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente meist nicht, weil sie nicht pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Berufsanfänger, die abhängig beschäftigt sind, sind zwar pflichtversichert, haben aber womöglich noch nicht lange genug gearbeitet, um einen Anspruch zu haben. Zugleich haben sie noch ihr ganzes Berufsleben vor sich – und müssen sehen, wie sie ihr Leben trotz Erwerbsminderung finanzieren können.

Wann sich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung lohnen kann

Es kann sich deshalb lohnen, zusätzlich für eine mögliche Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit vorzusorgen. Das geht zum Beispiel über eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Sinnvoll ist das einerseits, weil die Versicherung – je nach Konditionen – oft mehr zahlt als es bei der Erwerbsminderungsrente der Fall wäre. Außerdem muss keine Erwerbsminderung vorliegen, sondern „nur“ eine Berufsunfähigkeit.

Viele jüngere Arbeitnehmer machen sich über Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit keine Gedanken. Dabei ist es empfehlenswert, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen. Mit einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung beugt man nicht nur einer Erwerbsunfähigkeit vor, bei der zugleich kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bestünde, weil die Wartezeit nicht erfüllt ist. Zugleich hängen die Bedingungen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung davon ab, wie es um den Gesundheitszustand des Versicherten bestellt ist. Davon abgesehen entscheidet der ausgeübte Beruf darüber, wie hoch die Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind. Je höher das Risiko einer Berufsunfähigkeit, desto teurer der Tarif.

Wer eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte, sollte die Konditionen mehrerer Versicherungen miteinander vergleichen. Nicht nur die Preise unterscheiden sich, sondern auch die Leistungen im Ernstfall. Eine unabhängige Beratung kann sich lohnen, um die beste Entscheidung zu treffen. Wer eine solche Versicherung abschließt, sollte unbedingt ehrlich sein und alle Fragen zu seinem Gesundheitszustand wahrheitsgemäß beantworten. Muss die Versicherung in Anspruch genommen werden, können falsche Angaben bei der Antragstellung dazu führen, dass der Leistungsanspruch sinkt oder sogar ganz erlischt.

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