Wann droht eine betriebsbedingte Kündigung?
Will ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen, braucht er dafür einen guten Grund. Zu den möglichen Kündigungsgründen zählt die betriebsbedingte Kündigung, bei der wirtschaftliche Umstände im Betrieb dazu führen, dass sich der Arbeitgeber von Beschäftigten trennt. Für viele Betroffene ist das auch deshalb bitter, weil sie nichts dazu können, dass ihnen gekündigt wird. In diesem Beitrag erfährst du, wann eine betriebsbedingte Kündigung denkbar ist, ob du Anspruch auf eine Abfindung hast und was du tun kannst, wenn du mit einer betriebsbedingten Kündigung nicht einverstanden bist.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Im Arbeitsrecht muss ein Arbeitgeber begründen können, warum er sich von einem Mitarbeiter trennen möchte. So sieht es das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vor. Lediglich während der Probezeit beziehungsweise der ersten sechs Monate der Betriebszugehörigkeit ist das nicht erforderlich. Andernfalls ist eine Kündigung nur wirksam, wenn es einen guten Grund für diesen Schritt gab. Unterschieden wird zwischen drei verschiedenen Arten von Kündigungen: personenbedingten Kündigungen, verhaltensbedingten Kündigungen und betriebsbedingten Kündigungen.
Die betriebsbedingte Kündigung ist die Folge einer unternehmerischen Entscheidung. Bei einer betriebsbedingten Kündigung hängt die Entlassung nicht mit dem Verhalten oder der Person des Arbeitnehmers zusammen. Vielmehr gibt es dringende betriebliche Umstände, die dafür sorgen, dass die Kündigung unvermeidlich ist. Das kann innerbetriebliche Ursachen haben, jedoch auch mit äußeren Entwicklungen zusammenhängen.
Eine betriebsbedingte Kündigung kann erforderlich werden, weil die Auftragslage schlecht ist und die Produktion gedrosselt werden muss oder weil zur Sanierung eines Unternehmens Arbeitsstellen gestrichen werden. Zu betriebsbedingten Kündigungen kann es ebenso bei einer geplanten Umstrukturierung eines Unternehmens, einer Betriebsschließung oder einer Stilllegung des Betriebs kommen. Auch, wenn einzelne Abteilungen geschlossen oder ausgelagert werden, droht Beschäftigten eine betriebsbedingte Kündigung. Wie liquide das Unternehmen ist, spielt bei betriebsbedingten Kündigungen eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob es (noch) Bedarf an allen Mitarbeitern gibt oder nicht.
Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung
Wie immer bei Kündigungen gilt auch bei betriebsbedingten Kündigungen: Die Kündigung ist nur wirksam, wenn es kein milderes Mittel gegeben hätte, womit die Entlassung hätte vermieden werden können. So kann die betriebsbedingte Kündigung unwirksam sein, wenn es dem Arbeitgeber möglich gewesen wäre, den betroffenen Mitarbeiter an anderer Stelle weiterzubeschäftigen – etwa in einer anderen Zweigstelle oder in einer anderen Abteilung.
Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei wiegt er seine eigenen, unternehmerischen Interessen gegen die des Mitarbeiters ab. Im Zentrum steht dabei die Frage, was stärker wiegt: Das Interesse des Arbeitgebers, seinen Mitarbeiter zu entlassen, oder das Interesse des Mitarbeiters an seinem Job zur Sicherung seines Lebensunterhalts. Diese Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausfallen, damit die Kündigung wirksam sein kann.
Bei einer Kündigung dürfen soziale Aspekte nicht außer Acht gelassen werden. In diesem Rahmen spielt die Sozialauswahl eine wichtige Rolle. Sie ist bei einer betriebsbedingten Kündigung erforderlich.
So läuft eine Sozialauswahl ab
Der Arbeitgeber muss vor geplanten betriebsbedingten Kündigungen eine Sozialauswahl vornehmen. So ist es gesetzlich vorgeschrieben. Darauf verzichtet werden kann nur, wenn der ganze Betrieb stillgelegt wird oder nur einzelne Stellen wegfallen. Das führt dazu, dass Arbeitgeber in den meisten Fällen nicht einfach irgendeinem Mitarbeiter betriebsbedingt kündigen können – etwa dem, den sie persönlich am wenigsten mögen. Sie müssen vielmehr anhand von bestimmten Kriterien abwägen, von welchem Beschäftigten sie sich am ehesten trennen können, weil er im Vergleich zu anderen am wenigsten schutzwürdig ist.
Die Sozialauswahl ist an vier solcher Kriterien geknüpft, die über die Schutzwürdigkeit von Beschäftigten entscheiden. Entscheidend ist nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, wie lange ein Mitarbeiter bereits im Betrieb ist, wie alt er ist, ob er Unterhaltspflichten hat und ob er schwerbehindert ist. Anhand dieser Faktoren kann der Arbeitgeber ein Ranking von vergleichbaren Mitarbeitern erstellen, die sich auf derselben Hierarchieebene befinden und die theoretisch untereinander austauschbar wären.
Einzelne Mitarbeiter können aus der Sozialauswahl ausgeschlossen werden
Wie er die einzelnen Faktoren bei der Sozialauswahl gewichtet, ist seine Entscheidung. So kann er etwa festlegen, dass das Alter eines Arbeitnehmers relevanter ist als die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ein älterer Mitarbeiter kann tendenziell weniger leicht einen neuen Job finden als ein junger Kollege, was ihn schutzbedürftiger macht. Im Fall einer Kündigungsschutzklage entscheidet allerdings das Gericht, ob die Einschätzung und damit die Gewichtung des Arbeitgebers treffend ist.
Es ist möglich, einzelne Mitarbeiter aus der Sozialauswahl herauszunehmen. Das erfordert jedoch einen Grund. Der Ausschluss einzelner Beschäftigter kann mit besonderen Kenntnissen, besonderen Fähigkeiten und Leistungen oder einer angestrebten ausgewogenen Personalstruktur zusammenhängen. Ein Beispiel: Bei der Sozialauswahl werden vier Verkäufer im Supermarkt miteinander verglichen. Nur einer davon kann jedoch den Kassenabschluss machen und Bestellungen tätigen. Damit wäre dieser Mitarbeiter aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten für den Arbeitgeber besonders wertvoll, was ein Grund für seinen Ausschluss von der Sozialauswahl wäre.
Auch Mitarbeiter, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen – etwa Schwangere, Betriebsräte oder Mitarbeiter in Elternzeit – sind von der Sozialauswahl ausgenommen. Menschen mit Schwerbehinderung sind ebenfalls in erhöhtem Maße vor Kündigungen geschützt. Sie fließen jedoch in die Sozialauswahl ein – dafür kann die Schwerbehinderung als Faktor bei der Auswahl angesetzt werden.
Gibt es eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung?
Wer seinen Job verliert, kann als Kompensation dafür eine Abfindung vom Arbeitgeber erhalten. Diese Option ist prinzipiell denkbar, wenn sich der Arbeitgeber darauf einlässt. Betriebsbedingte Kündigungen sind diesbezüglich ein Sonderfall. Wem aus entsprechenden unternehmerischen Erwägungen seines Arbeitgebers gekündigt wird, der hat eine deutlich bessere Chance, eine Abfindung zu erhalten, als Arbeitnehmer, die aus anderen Gründen entlassen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es in solchen Fällen einen Anspruch auf Abfindung.
Der Anspruch auf Abfindung bei einer betriebsbedingten Kündigung ist in § 1a KSchG geregelt. Dort ist festgelegt, dass Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung haben können, wenn sie nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung auf eine Kündigungsschutzklage verzichten. Außerdem muss der Arbeitgeber ihnen einen Hinweis auf eine mögliche Abfindung bei Verzicht auf eine Klage gegeben haben. Diese Möglichkeit gibt es jedoch nur, wenn das Kündigungsschutzgesetz im betreffenden Betrieb überhaupt angewendet werden kann. Dafür muss der Betrieb mindestens zehn Mitarbeiter in Vollzeit haben. Zudem muss der entlassene Beschäftigte mindestens sechs Monate im Betrieb gewesen sein.
Beschäftigte können somit unter den genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Abfindung haben, wenn sie nicht juristisch gegen ihre Kündigung vorgehen. Die übliche Höhe der Abfindung ist gesetzlich festgelegt. Sie macht nach § 1a KSchG ein halbes Bruttogehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit aus. Die Abfindung kann auch höher sein. Abfindungen müssen allerdings versteuert werden, wodurch sich der Nettobetrag verringert. Dafür wird in der Regel die sogenannte Fünftelregelung angewandt, wodurch sich die Abzüge meist verringern. Sozialversicherungsbeiträge fallen hingegen nicht an.
Führt eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?
Wer eine Abfindung erhält, dem droht unter Umständen eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Meist wird das Arbeitslosengeld dann für zwölf Wochen gesperrt. Die gesamte Bezugsdauer verringert sich dadurch; die Bezüge werden auch später nicht nachgezahlt. Im Normalfall musst du jedoch bei einer Abfindung im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung nicht mit einer solchen Sanktion des Arbeitsamts rechnen. Ist die Höhe der Abfindung durch einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen Sozialplan festgelegt, droht keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
Auch ohne solche Regelungen spielt die Höhe der Abfindung eine Rolle, wenn es um eine mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld geht. Zahlt der Arbeitgeber einen Betrag, der zwischen 0,25 und 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr ausmacht, wird keine Sperrzeit verhängt. Ist die Abfindung höher oder niedriger, kann eine Sperrzeit nur unter bestimmten Voraussetzungen vermieden werden – insbesondere ist entscheidend, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war.
Kann man sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren?
Wenn du glaubst, dass dein Arbeitgeber dir unrechtmäßig gekündigt hat, kannst du dich gegen die Kündigung wehren. Das geht mit einer Kündigungsschutzklage. Nach Erhalt deiner Kündigung hast du hierfür drei Wochen Zeit. Lasse dich dazu am besten von einem Anwalt beraten, der deine individuelle Situation und deine Erfolgsaussichten vor Gericht am besten einschätzen kann.
Unwirksam kann eine betriebsbedingte Kündigung insbesondere dann sein, wenn dem Arbeitgeber im Kündigungsschreiben Formfehler unterlaufen sind oder die Sozialauswahl fehlerhaft war. Wenn du die Rechtmäßigkeit der Sozialauswahl anfechten möchtest, musst du vor Gericht darlegen können, was an der Einschätzung des Arbeitsgebers nicht korrekt war. Das geht nicht ohne Einsicht in den Auswahlprozess deines Arbeitgebers. Du kannst ihn deshalb dazu auffordern, dir Einblick in sein Vorgehen zu geben. Das ist in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG geregelt.
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