Empty-Desk-Syndrom: So gelingt der Übergang in den Ruhestand
Der Ruhestand, ein Grund zur Freude? Viele Arbeitnehmer können dieser Aussage zustimmen. Andere tun sich hingegen schwer damit, Abschied vom Berufsleben zu nehmen. Dann ist auch vom Empty-Desk-Syndrom die Rede. Besonders Führungskräfte und Manager sind betroffen. Hier erfährst du, welche Ursachen das Empty-Desk-Syndrom hat und was du tun kannst, um den Übergang in den Ruhestand zu erleichtern.
Empty-Desk-Syndrom: Warum fällt es manchen Menschen schwer, in den Ruhestand zu gehen?
Wenn der Renteneintritt näher rückt, teilen sich die Arbeitnehmer in zwei Gruppen. Die einen können es gar nicht erwarten, endlich nicht mehr jeden Tag bei der Arbeit erscheinen zu müssen, sich der Familie, Hobbys und Interessen widmen zu können. Solche Menschen nehmen oft Abstriche bei der Rente in Kauf, um noch früher in den Ruhestand gehen zu können. Die andere Gruppe sieht der Zeit nach dem Job hingegen mit mindestens einem weinenden Auge entgegen. Diese Arbeitnehmer empfinden keine Vorfreude angesichts des Endes ihrer Karriere, sondern Wehmut.
Fällt der Abschied vom Beruf schwer, ist auch vom Empty-Desk-Syndrom die Rede – analog zum Empty-Nest-Syndrom, das die für viele Eltern schwere Zeit beschreibt, wenn ihre Kinder das Haus verlassen. In beiden Fällen handelt es sich um einen massiven Umbruch im Leben. Von einem Tag auf den anderen ist der Alltag auf den Kopf gestellt. Wie beim Auszug des letzten Kindes besteht die Herausforderung im Ruhestand darin, einen neuen Sinn im Leben zu finden und die Tage zu füllen.
Warum Führungskräfte übermäßig stark vom Empty-Desk-Syndrom betroffen sind
Auch das soziale Umfeld verändert sich mit dem Ruhestand – man läuft nicht mehr jeden Tag denselben Kollegen über den Weg oder hält einen Plausch in der Kaffeeküche. Wer am Empty-Desk-Syndrom leidet, dem fällt diese Umstellung schwerer als anderen. Manchmal wird der Ruhestand als so belastend empfunden, dass Betroffene depressiv werden und nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen. Selbstzweifel und ein Verlust des Selbstwertgefühls können die Folgen sein. Betroffene empfinden häufig eine ungekannte innere Leere, manchmal auch das Gefühl, gescheitert zu sein.
Betroffen sind oft, aber nicht ausschließlich, Arbeitnehmer, die eine Führungsposition innehatten. Wer sich stark über seine berufliche Position definiert hat, steht häufig vor einem unerwartet großen Problem, wenn der damit verbundene Status plötzlich der Vergangenheit angehört. Das Streben nach Anerkennung ist bei Führungskräften oft stärker ausgeprägt als bei Mitarbeitern ohne Führungsrang. Erschwerend kommt häufig hinzu, dass in vielen Management- und Leitungsposten kaum Zeit geblieben ist, um ein Leben außerhalb des Jobs zu pflegen – inklusive Hobbys, Freunden und oft auch Familie. Mit einem Schlag offenbart sich das Vakuum im Privatleben, das all die Jahre durch berufliche Beziehungen und Verpflichtungen kaschiert worden ist.
Verschiedene Phasen beim Abschied aus dem Berufsleben
Manchen angehenden Pensionären graut es schon vor dem Ruhestand vor dem neuen Lebensabschnitt. Bei anderen stellt sich die Ernüchterung in Phasen ein. Betroffene freuen sich häufig zunächst auf den Renteneintritt – zumindest, wenn er zwar in Sicht, aber noch nicht in unmittelbarer Reichweite ist. Je näher das Datum des letzten Arbeitstags rückt, desto stärker verändert sich die eigene Sichtweise.
Mitunter ist zu diesem Zeitpunkt auch noch alles in bester Ordnung. Anfangs wird die Rentenzeit von vielen als eine Art langer Urlaub wahrgenommen, in dem man endlich mal zu allem kommt, was man so machen wollte. Spätestens, wenn alle dereinst aufgeschobenen Heimwerker-Projekte abgeschlossen sind, wandelt sich das Blatt jedoch häufig. Den Ruheständlern wird klar, dass es sich eben nicht um einen Urlaub gehandelt hat, sondern dass vor ihnen viel freie Zeit liegt – Zeit, die sie anders als früher vollkommen selbst gestalten können, aber auch gestalten müssen. Schnell stellen sich Langeweile, Perspektivlosigkeit und eine gewisse Antriebslosigkeit ein.
Nach der Ernüchterung – ein mehr oder weniger lange andauernder Zustand – folgt die Orientierung im neuen Alltag. Die Pensionäre suchen sich ein Projekt, ein Hobby – kurzum, Dinge, mit denen sie ihren Tag füllen können. Sobald sich der neue Status quo eingependelt hat, ist der Gedanke an den „verlorenen“ Beruf oft weniger schmerzlich. Den Betroffenen gelingt es eher, ihrem Leben wieder Sinn zu verleihen. Allerdings verharren manche Ruheständler auch in ihrer Unzufriedenheit über die Rentenzeit und tun sich über lange Zeit schwer, ihr Leben neu zu gestalten.
Empty-Desk-Syndrom ade: Tipps für den Übergang in den Ruhestand und Ideen für neue Lebensinhalte
Die gute Nachricht: Wie schlimm der Abschied vom Job ist, hast du ein Stück weit selbst in der Hand. Denn der Ruhestand steht nicht urplötzlich vor der Tür, sondern kündigt sich weit im Voraus an. Diese Zeit kannst du nutzen, um dich gedanklich und praktisch auf den neuen Lebensabschnitt vorzubereiten. Die folgenden Tipps und Ideen können dir dabei helfen, positiver auf den Ruhestand zu blicken.
Befasse dich frühzeitig mit dem Thema Ruhestand
Wenn du noch nicht in Rente bist, ist jetzt die Zeit, dich auf den Ruhestand vorzubereiten. Überlege dir, an welcher Stelle sich Probleme ergeben könnten. Fällt es dir womöglich schwer, von heute auf morgen zuhause zu sein und keine Aufgabe mehr zu haben? Dann mach dir schon jetzt Gedanken darüber, wie du deine freie Zeit gut nutzen könntest. Wenn du Ideen hast, die du als spannend empfindest, verliert der Ruhestand seinen Schrecken. Du kannst auch eine Reise unmittelbar nach deinem letzten Arbeitstag planen. Dann hast du schließlich Zeit, musst dir keine Gedanken über dein Kontingent an Urlaubstagen mehr machen und dich mit niemandem absprechen – jedenfalls nicht mit deinem Chef oder den Kollegen. Eine Reise kann Vorfreude hervorrufen, die indirekt auch auf den Ruhestand übertragen wird.
Den Übergang in den Ruhestand schrittweise gestalten
Gerade, wenn du in deinem Job viel Stress und lange Arbeitstage hast, kann sich dieser Tipp lohnen: Gestalte den Übergang in die Rentenzeit schrittweise. Wenn möglich, reduziere schon einige Monate vorher deine Stunden. Fahre langsam alles zurück, schließe Projekte und Aufgaben ab und verabschiede dich nach und nach gedanklich vom Job. Nebenbei kannst du schon jetzt etwas für dich tun, wovon du im Ruhestand profitierst: Zeit mit deiner Familie verbringen, Freundschaften pflegen oder neuen Interessen nachgehen. Im besten Fall ändert sich dadurch deine Sichtweise auf den Ruhestand. Möglicherweise freust du dich dann sogar darauf – weil du schon einen Vorgeschmack darauf bekommen hast, wie schön es sein kann, sein Leben abseits der Arbeit selbst zu gestalten.
Neue Hobbys suchen
Selbst Menschen, die sich eigentlich auf den Ruhestand gefreut haben und ihrem Job keine Träne nachweinen, wissen oft mit all der freien Zeit wenig anzufangen. Früher war freie Zeit kostbar und es gab immer etwas zu tun – jetzt scheint die Zeit plötzlich endlos, Langeweile kommt auf. Umso wichtiger ist es, dass du dir etwas suchst, was dir Freude bereitet. Gibt es Hobbys, die du schon immer mal ausprobieren wolltest? Interessen, für die du nie einen freien Kopf hattest? Jetzt ist die Zeit, solchen Dingen nachzugehen. Probiere ruhig vieles aus – oft kostet das nichts oder wenig und Zeit hast du schließlich auch. Gehe wandern, mache Fahrradtouren, spiele Schach oder mache Sport. Sport, der dir Spaß macht, hat den zusätzlichen Vorteil, dass er dich fit hält und schlechte Laune vertreibt.
Eine neue Aufgabe finden – ein wirksames Mittel gegen das Empty-Desk-Syndrom
Gerade, wenn du bisher eine Leitungsposition innehattest und daran Freude hattest, kann es dir womöglich helfen, wenn du im Ruhestand eine neue Aufgabe findest. Dabei kann ein Ehrenamt eine Option sein. Viele Vereine suchen Freiwillige, die Führungsaufgaben übernehmen möchten. Du kannst dich auch um ein politisches Amt bemühen und in den Gemeinderat wählen lassen. Oder du nutzt dein Wissen, um als Dozent, Tutor oder Mentor auf ehrenamtlicher Basis oder auf Honorarbasis tätig zu werden.
Möglicherweise kannst du dich sogar in deinem alten Unternehmen als externer Berater engagieren. Du kennst dich schließlich aus und weißt, wie alles läuft – wenn du bereit bist, dieses Wissen an jüngere Mitarbeiter weiterzugeben, freut sich womöglich auch dein ehemaliger Arbeitgeber. Deine Aufgabe kannst du jedoch auch im privaten Umfeld finden: Wenn du Tiere liebst und fit bist, kann auch ein neues Haustier deinem Alltag neue Struktur verleihen.
Neue Kontakte knüpfen
Wenn du immer viel gearbeitet hast, ist dein Privatleben womöglich zu kurz gekommen. Das rächt sich im Ruhestand, wenn auffällt, dass die Kontakte fehlen. Dann kannst du einerseits versuchen, alte, berufliche Kontakte zu halten. Das ist aber manchmal schwierig, vor allem, wenn die Beziehung sich vor allem über die gemeinsame Arbeit definiert hat. Andererseits kannst du neue Kontakte knüpfen. Viele Menschen wissen nicht, wo sie ansetzen sollen, dabei gibt es viele Optionen. Du kannst über neue Hobbys und Interessen Gleichgesinnte treffen, zum Beispiel in Vereinen, auf Veranstaltungen oder sogar online in Foren. Du kannst außerdem Nachbarschaftstreffs besuchen oder, wenn du gläubig bist, auf Veranstaltungen der Kirchen neue Menschen kennenlernen.
Etwas Neues lernen
Es ist nie zu spät, etwas Neues zu lernen. Wann wäre ein besserer Zeitpunkt dafür als im Ruhestand? Du kannst dir Wissen im Selbststudium aneignen oder auch ein tatsächliches Studium beginnen. Auch ein Kurs an der Volkshochschule oder von einem anderen Anbieter kann sich eignen, um dir Denkanstöße zu geben. Die Möglichkeiten sind schier endlos: Du kannst Schwedisch lernen, Qi Gong, Zeichnen oder Kochen. Selbst als Mediator kannst du dich ausbilden lassen.
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