Female Leadership: Bedeutet das faire Karrierechancen für Frauen?
Unternehmen, in denen auch Frauen Führungspositionen besetzen, sind wirtschaftlich erfolgreicher – darauf deuten jedenfalls mehrere Studien hin. Deshalb mag es irritieren, dass Female Leadership noch immer nicht zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Woran das liegen könnte und wie Frauen ihre Karriereambitionen unterstreichen können, erfährst du hier.
Definition Female Leadership: Was bedeutet das?
Wenn Frauen in Unternehmen Führungspositionen innehaben, nennt man das Female Leadership. Dass dieser Frauenanteil in den Führungsetagen steigen soll, wird schon viele Jahre politisch und gesellschaftlich gefordert. Zwar hat sich in dieser Hinsicht vieles verbessert, nach oben besteht dennoch reichlich Luft. Und das, obwohl es in einigen Vorständen und Aufsichtsräten eine verbindliche Frauenquote gibt.
Obwohl es viele Unternehmen gibt, für die eine Frauenquote gilt, zeigt sich bezogen auf Female Leadership in Unternehmen vielerorts ein ernüchterndes Bild: Im Jahr 2017 gab es in Deutschland mehr als 2100 Unternehmen, die unter das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“ (FüPoG) fielen. Für sie gibt es die Vorgabe, dass sich in Führungspositionen ein bestimmter Anteil an Frauen finden muss. Tatsächlich lag lag diese Quote von Female Leadership in den betreffenden Unternehmen allerdings bei gerade einmal 7,7 Prozent. Nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fehlten in mehr als 80 Prozent der Unternehmen Frauen im Vorstand sogar komplett.
Deutschland gibt damit im Vergleich mit anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU) ein eher schwaches Bild ab. Je nachdem, welche Statistik man zugrunde legt, befindet sich Deutschland bezogen auf Female Leadership im unteren Drittel der Mitgliedstaaten.
Jedoch findet sich die ungleiche Verteilung der Geschlechter in Führungspositionen nicht in allen Branchen gleichermaßen. Einige Berufe sind nach wie vor prädestiniert dafür, dass sie von Frauen ergriffen werden. Daher ist in diesen Branchen und Berufen auch der Anteil von Female Leadership größer. Dazu gehören:
- Erziehung
- Unterricht
- Gesundheitswesen
- Sozialwesen
- Einzelhandel
- Gastronomie
Das sind gleichzeitig allerdings auch diejenigen Branchen, in denen Arbeitnehmer tendenziell weniger verdienen. Und wer ein geringes Einkommen hat, zahlt weniger in die Rente ein. Das ist ein zusätzliches Problem für Frauen, die aus diesem Grund häufiger von Altersarmut betroffen sind. Ein weiteres Thema, das mit dem wenig verbreiteten Female Leadership zumindest mittelbar zusammenhängt.
Warum sind so wenige Frauen in Führungspositionen?
Mädchen sind in der Schule im Schnitt besser, schließen ihre Ausbildung häufig besser ab als männliche Azubis und bringen auch im Studium oft bessere Leistungen als junge Männer. Warum ist es aber trotzdem so, dass Frauen es nur selten in Führungspositionen schaffen? An ihrer Ausbildung kann jedenfalls kaum liegen. Gründe dafür, dass Female Leadership in Deutschland immer noch stiefmütterlich behandelt wird, sind zum Beispiel diese:
- Vorurteile: In den meisten Unternehmen entscheiden mehrheitlich Männer darüber, welche Mitarbeiter in Führungspositionen aufrücken. Und Männer entscheiden sich dabei in der Mehrzahl eher für andere Männer als für Frauen. Das hat auch mit Vorurteilen zu tun. Viele Männer trauen es Frauen einfach nicht zu, dass diese der Rolle als Führungskraft gewachsen sind. In vielen Unternehmen hat es Female Leadership deshalb schwer, sich überhaupt zu etablieren.
- Vereinbarkeit: Auf der anderen Seite entscheiden sich aber auch viele Frauen ganz bewusst gegen Female Leadership. Die in vielen Fällen immer noch schwierig realisierbare Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein Grund dafür. Viele Frauen haben einfach nicht die Möglichkeit, neben der Kinderbetreuung Karriere zu machen. Denn auch in puncto Kinderbetreuung befindet sich Deutschland im Vergleich mit anderen europäischen Staaten im Hintertreffen. Daher entscheiden sich viele Frauen, die Kinder bekommen, noch immer dafür, im Beruf zurückzutreten und sich zunächst einige Jahre um die Kinder zu kümmern. Wer jedoch für mehrere Jahre in Teilzeit oder gar nicht arbeitet, verringert seine Chancen auf Führungspositionen.
- Flexibilität: Nicht nur gesellschaftliche Strukturen wie eine fehlende oder schlechte Kinderbetreuung sind dafür verantwortlich, dass Female Leadership in Deutschland nach wie vor ausbaufähig ist. Auch die Unternehmen an sich tragen eine Mitschuld an dem Trend, da sie Frauen nur selten in Führungspositionen befördern. Denn noch immer herrscht in einigen Unternehmen der Gedanke vor, dass nur solche Mitarbeiter, die sich bereits jahrelang für die Firma aufgeopfert haben, Karriere machen können oder sollten. Frauen, die aus der Elternzeit zurückkehren, haben daher einen schweren Stand und sollen sich häufig damit begnügen, dass sie ihren vorherigen Job wieder ausüben dürfen. Außerdem gehören flexiblere Formen der Mitarbeiterführung, wie zum Beispiel das Topsharing, in Deutschland weiterhin zu den Ausnahmen.
Female Leadership hat Vorteile
Eigentlich sollten deutsche Unternehmen die Etablierung des Female Leadership aus Eigeninteresse fördern. Denn unterschiedliche Studien zeigen recht deutlich, dass Female Leadership nicht nur für Frauen, sondern für das gesamte Unternehmen Vorteile hat:
- Mehr Harmonie: Wenn Frauen Teams führen, kommt es seltener zu Konflikten. Das hat ganz unterschiedliche Gründe. Oft wird zum Beispiel vermutet, dass Frauen anders kommunizieren als Männer. Sie nehmen eher ausgleichend Einfluss und sind mehr auf Harmonie bedacht. Männer schrecken dagegen weniger davor zurück, es zu Konflikten kommen zu lassen.
- Umsetzung der Strategie: Andere Studien deuten darauf hin, dass in Unternehmen, in denen Female Leadership praktiziert wird, die Kommunikation noch auf andere Weise profitiert: Frauen verstehen es nach Angaben von Studienautoren besser, die Strategie eines Unternehmens zu kommunizieren und weiterzutragen. Das führt dazu, dass einzelne Mitarbeiter die Unternehmensstrategie nicht nur besser verstehen, sondern sie auch eher umsetzen können.
- Mehr Innovationen: Studienergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass Female Leadership einen positiven Einfluss auf die Ergebnisse im Unternehmen haben kann. Ähnlich wie in divers aufgestellten Teams gilt auch für Frauen in Führungspositionen, dass sie einen positiven Einfluss auf die Arbeitsergebnisse im Unternehmen haben. Innovationen werden durch Female Leadership eher vorangetrieben als in Teams, die rein männlichen geführt sind.
Kritik am Female Leadership
Kritik richtet sich oftmals gegen feste Frauenquoten, die das Female Leadership in Unternehmen weiter vorantreiben sollen. Es wird bemängelt, dass die Personalpolitik von Unternehmen nicht per Gesetz bestimmt werden sollte.
Außerdem helfe eine verbindliche Frauenquote in Führungspositionen nur einem Teil der Frauen – nämlich denjenigen, die ohnehin schon eine gute Ausbildung vorweisen können und daher für das Female Leadership in Frage kommen. Der Mehrheit der Frauen, die keine Führungspositionen ausüben können oder wollen, wird durch die Quote nicht geholfen. Stattdessen sollten Unternehmen generell daran arbeiten, Frauen in allen Positionen besser zu fördern und zu integrieren.
Karrierechancen für Frauen: So kann Female Leadership gelingen
Die äußeren Umstände sind jedoch nur ein Faktor von vielen. Frauen selbst könnten auch aktiver werden, um das Female Leadership voranzutreiben. Unter anderem mit folgenden Tipps kann das gelingen:
- Selbstbewusst auftreten: Das ist vielleicht leichter gesagt als getan. Es zeigt sich jedoch, dass der Mangel an Frauen in Führungspositionen auch mit dem Selbstbewusstsein und Auftreten der Frauen selbst zu tun hat. Frauen bewerben sich zum Beispiel eher auf Jobs, bei denen sie die Anforderungen der Stellenausschreibung möglichst komplett erfüllen. Männer trauen sich dagegen mehr zu und bewerben sich häufig auch auf Angebote, für die sie nicht alle geforderten Qualifikationen mitbringen. In Kombination mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein führt das dazu, dass Männer häufiger als Frauen in Führungspositionen landen. Mit dem eigenen Können oder Wissen hat das jedoch nicht unbedingt viel zu tun: Wenn sich Frauen mehr zutrauen würden, könnte die Zahl der Frauen in Führungspositionen vermutlich stärker steigen.
- Netzwerk erweitern: Auch in diesem Punkt sind Männer häufig aktiver. Sie netzwerken viel aktiver als Frauen und besuchen zum Beispiel auch häufiger Netzwerk-Veranstaltungen nach Feierabend. Einigen Frauen fällt das netzwerken dagegen schwer. Es ist häufig aber eine wichtige Fähigkeit, wenn man eine Position in der Führungsebene bekommen möchte. Denn nach wie vor werden viele Jobs über Empfehlungen besetzt. Wer die Stelle als Führungskraft haben möchte, sollte auch das berühmte Vitamin B nicht aus den Augen verlieren. Auch das gehört zum Female Leadership dazu.
- Wissen ausbauen: Dieser Tipp gilt nicht nur im Rahmen des Female Leadership. Alle Mitarbeiter, die sich für eine Führungsposition interessieren, sollten darauf achten, ihr Wissen möglichst kontinuierlich auszubauen. Denn zu lernen gibt es immer etwas – ob das eine neue Fremdsprache, eine besondere Computeranwendung oder ein Seminar zum Thema Mitarbeiterführung ist. Mitarbeiter, die sich lebenslanges Lernen auf die Fahnen geschrieben haben, können gute Argumente liefern, wenn der Chef auf der Suche nach Führungskräften ist.
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