Frustrationstoleranz: So lässt sich Frust besser aushalten
Jeder Mensch ist hin und wieder frustriert. Manche Menschen lassen sich aber schneller von negativen Geschehnissen auf die Palme bringen als andere. Entscheidend ist das Level der Frustrationstoleranz. Was damit gemeint ist, warum Frustrationstoleranz so wichtig ist und wie man seine Frustrationstoleranz steigern kann, erfährst du hier.
Definition: Was ist Frustrationstoleranz?
Frustrationstoleranz – was bedeutet das eigentlich? Dafür müssen wir wissen, was Frustration ist. Laut Duden ist darunter das „[Erlebnis einer] Enttäuschung und [vermeintlichen] Zurücksetzung durch erzwungenen Verzicht oder versagte Befriedigung“ zu verstehen. Toleranz wiederum heißt, dass man Dinge aushalten kann. Frustrationstoleranz ist demnach, so der Duden, die „Fähigkeit, frustrierende Erlebnisse längere Zeit auszuhalten“.
Der Begriff Frustrationstoleranz wurde im Jahr 1938 von Saul Rosenzweig geprägt, einem US-amerikanischen Psychologen und Psychotherapeuten. Er meinte damit die Fähigkeit eines Menschen, psychische Spannungen und Triebverzicht auszuhalten.
Analog zur Frustrationstoleranz ist häufig auch von Resilienz die Rede. Resilienz meint eine Widerstandsfähigkeit gegen äußere Stressfaktoren und ist damit der Frustrationstoleranz tatsächlich sehr ähnlich.
Darum ist Frustrationstoleranz so wichtig
Es läuft nicht immer alles so, wie wir uns das wünschen würden. Im Leben jedes Menschen gibt es zumindest hin und wieder frustrierende Situationen: Stress im Job, ein Streit mit dem Partner, Hektik durch permanente Zeitnot, quengelnde Kinder, schlechte Nachrichten oder enttäuschte Erwartungen. Dann ist es wichtig, angemessen darauf zu reagieren. Wie ein Mensch mit frustrierenden Situationen umgeht, darüber entscheidet seine Frustrationstoleranz.
Wenn jemand eine geringe Frustrationstoleranz hat, lässt er sich durch Rückschläge und Hindernisse schnell aus dem Konzept bringen. Er lässt sich durch Widerstände leicht entmutigen und wirft schnell das Handtuch. Anders ein Mensch mit hoher Frustrationstoleranz: Er macht auch in schwierigen Situationen beharrlich weiter und lässt sich nicht beirren. Während ein Mensch mit geringer Frustrationstoleranz sich auf das Problem und die eigene missliche Lage konzentriert, strebt ein Mensch mit hoher Frustrationstoleranz nach Lösungen. Die Ausgangssituation mag in beiden Fällen gleich sein, das Ergebnis kann sich aber fundamental unterscheiden.
Menschen mit hoher Frustrationstoleranz erreichen oft mehr
Frustrationstoleranz ist in vielen Lebenslagen ein nützliches Instrument. Wer eine ausgeprägte Frustrationstoleranz hat, dem geht es in schwierigen Situationen oft besser. Während bei einem Menschen mit geringer Frustrationstoleranz in widrigen Umständen negative Gefühle vorherrschen, bleibt ein Mensch mit hoher Frustrationstoleranz oft trotzdem optimistisch. Auch sein Selbstvertrauen wird durch Rückschläge weniger stark in Mitleidenschaft gezogen als das eines Menschen, der mit Frust nicht gut umgehen kann.
Im Job spielt Frustrationstoleranz ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch hier gibt es immer wieder Situationen und Umstände, die suboptimal sind. Wer trotzdem weitermacht und seine Ziele verfolgt, erreicht sehr wahrscheinlich mehr als jemand, der bei Problemen den Kopf in den Sand steckt.
Was bestimmt darüber, wie gut jemand mit Frust umgehen kann?
Manche Menschen stecken frustrierende Situationen und Rückschläge scheinbar mühelos weg, während andere große Probleme haben, damit fertig zu werden. Woran liegt das? Anders gefragt: Wovon hängt es ab, ob jemand eine geringe oder eine ausgeprägte Frustrationstoleranz hat?
Einerseits spielt dabei natürlich die Persönlichkeit eine große Rolle. Dem einen fällt der Umgang mit Frust leichter, dem anderen schwerer. Andererseits kommt es bei Weitem nicht nur auf den Charakter an. Frustrationstoleranz ist in hohem Maße abhängig davon, was ein Mensch gelernt hat, auszuhalten.
Geringe Frustrationstoleranz hat ihre Ursachen oft in der Kindheit. Wie ein Kind bestimmte Situationen erlebt hat, ob es sich aus eigener Kraft aus widrigen Umständen befreien konnte oder aufgegeben hat, bestimmt darüber mit, zu welchem Erwachsenen es später wird. Kleine Kinder können Frust anfangs noch fast gar nicht aushalten. Man denke nur an das Bild eines schreienden Kindes im Supermarkt, das einen Wutanfall bekommt, weil es den Schokoriegel an der Kasse nicht haben darf.
Frustrationstoleranz als Übungssache
Mit der Zeit lernen Kinder, Enttäuschungen und negative Gefühle besser auszuhalten, und werden besser darin. In welchem Ausmaß sich ihre Frustrationstoleranz verbessert, hängt auch von der Erziehung ab. Eltern, die die Frustrationstoleranz ihres Kindes gezielt fördern, werden später wahrscheinlich resilientere Kinder haben als Eltern, die ihr Kind von allen negativen Erlebnissen fernhalten.
Wie die Eltern in entsprechenden Situationen reagieren, beeinflusst, wie das Kind sich entwickelt. Ein Beispiel: Die Mutter ist im Gespräch mit einer Freundin, das Kind unterbricht die Unterhaltung. Wie reagiert die Mutter? Richtet sie ihre Aufmerksamkeit ganz auf das Kind und geht auf dessen Anliegen ein oder weist sie ihr Kind darauf hin, dass sie gerade in einem Gespräch ist? Oder stellen wir uns vor, ein Kind rastet aus, weil es nicht fernsehen darf. Gibt der Vater nach, damit das Kind still ist?
Wie man mit schwierigen Situationen und negativen Gefühlen umgeht, lernen Kinder zumindest teilweise auch von ihren Eltern. Wenn der Vater an die Decke geht, wenn etwas nicht so läuft wie er möchte, wird das Kind ein solches Verhalten tendenziell auch zeigen. Ebenso können Eltern ein positives Vorbild sein, indem sie ruhig und besonnen auf negative Dinge reagieren.
Auch die Umstände spielen eine Rolle
Das Ausmaß an Frustrationstoleranz ist damit nicht ein Leben lang unveränderlich. Im Gegenteil: Wie gut jemand Frust aushalten kann, hängt entscheidend davon ab, wie gut er darin durch langjährige Übung geworden ist.
Neben solchen Lerneffekten spielen jedoch auch die Umstände eine Rolle. Ein frustrierendes Erlebnis kann ein- und dieselbe Person zu einem Zeitpunkt wenig stressen und sie zu einem anderen Zeitpunkt vollkommen aus der Bahn werfen.
Angenommen, die Mutter zweier kleiner Kinder hatte eine anstrengende Woche in ihrem Vollzeitjob. Sie kommt nach einem langen Tag nach Hause, auf sie wartet noch die Hausarbeit, die Kinder quengeln und der Hund muss raus. Nun nörgelt auch noch der Partner – die Chancen stehen gut, dass jemand unter diesen Umständen schnell aus der Haut fährt. Ganz anders sähe die Lage aus, wenn dieselbe Person nur einen Teilzeitjob hätte, die Kinder friedlich spielen würden, der Hund schon draußen war und die Wohnung sauber ist. Wenn sich der Partner nun beschwert, ist das Frustpotenzial wahrscheinlich überschaubar.
Geringe Frustrationstoleranz: So macht sie sich bemerkbar
Woran bemerkt man, dass die Frustrationstoleranz gering ist? Es gibt viele Hinweise darauf, dass ein Mensch nicht sonderlich gut darin ist, mit frustrierenden Situationen und den daraus resultierenden negativen Gefühlen umzugehen. Dazu zählen die folgenden Aspekte:
- Werden die eigenen Bemühungen nicht zeitnah belohnt, wird man entmutigt und gibt auf.
- Geht es nicht schnell genug voran, reagieren Menschen mit geringer Frustrationstoleranz ungeduldig.
- Wer Frust nicht gut aushalten kann, resigniert in frustrierenden Situationen schnell und glaubt, dass er es ja doch nicht schafft. Es mangelt an Durchhaltevermögen.
- Typisch für eine geringe Frustrationstoleranz sind starke Gefühle, die in Wutanfälle und Aggressionen münden können – vor allem in Situationen, in denen sich Dinge kaum kontrollieren lassen, die aus Sicht der Betroffenen suboptimal sind.
- Menschen mit geringer Frustrationstoleranz können dazu neigen, anderen Schuldzuweisungen zu machen, wenn etwas nicht so läuft, wie sie sich das vorgestellt hatten.
- Es kann auch sein, dass Situationen, die frustrierend sein könnten oder deren Ausgang ungewiss ist, bewusst oder unterbewusst vermieden werden.
- Mitunter neigen Betroffene zu Selbstmitleid; sie empfinden ihre Situation oft als unfair.
Frustrationstoleranz steigern: Tipps und Übungen
Eine geringe Frustrationstoleranz ist für die Betroffenen oft belastend. Sie leiden unnötig stark unter negativen Erlebnissen und Rückschlägen. Die gute Nachricht, falls es dir auch so geht: Du kannst lernen, deine Frustrationstoleranz zu steigern. Das geht mit Frustrationstoleranz-Übungen für Erwachsene ebenso wie mit einem bewussten Herangehen an frustrierende Situationen.
Mache dir dabei bewusst, dass du nicht von heute auf morgen absolut resistent gegenüber Frust werden kannst. Es wird eine Zeit dauern, aber mit etwas Geduld kannst du dafür sorgen, dass dir frustrierende Dinge weniger stark etwas anhaben können.
Ändere deine Denkweise
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Frustrationstoleranz besteht darin, deine Denkweise zu ändern. Es ist essenziell, dass du lernst, Frust grundsätzlich hinzunehmen. Akzeptiere, dass du manche Dinge einfach nicht beeinflussen kannst – oder jedenfalls nicht so stark, dass das Ergebnis deinen Erwartungen und Wünschen entspricht. Trotzdem kannst du auf viele Dinge positiv einwirken, und genau darauf solltest du dich künftig konzentrieren.
Wer eine geringe Frustrationstoleranz hat, hat oft unrealistische Erwartungen. Überlege also, was du von dir und anderen erwartest und wie realistisch diese Erwartungen sind. Wichtig ist, dass du dir nur Ziele setzt, die du auch erreichen kannst. Bestimmte Dinge schrittweise anzugehen beschert dir häufigere Erfolgserlebnisse, die dich motivieren und dir helfen, auch dann am Ball zu bleiben, wenn es mal ein Hindernis gibt.
Wie reagiere ich in Stresssituationen?
Ein anderer Ansatz, deine Frustrationstoleranz zu steigern, besteht darin, dir vorher zu überlegen, wie du in bestimmten Situationen am besten reagieren kannst. Es ist gut, vorher zu wissen, was man tun kann – wenn du schon mitten in einer frustrierenden Situation drin bist, reagierst du sonst wahrscheinlich instinktiv wie du es gewohnt bist.
Natürlich kannst du dich nicht auf alle denkbaren frustrierenden Situationen vorbereiten, aber vielleicht gibt es Dinge, die immer wieder Frust bei dir auslösen. Dann kann es dir helfen, schon zu wissen, was du tun kannst.
Gezielt Frust erleben
Es mag kontraproduktiv wirken, aber um deine Frustrationstoleranz zu trainieren, ist es unerlässlich, dass du dich immer wieder frustrierenden Situationen aussetzt. Wichtig ist dabei, dass du klein anfängst. Anfänglich sollte das Frustpotenzial gering sein, so dass du nicht allzu stark auf die Situation reagierst. Die Situation muss für dich – mit einer entsprechenden mentalen Vorbereitung – zu bewältigen sein. So hast du immer wieder Erfolgserlebnisse und mit der Zeit wird es dir immer besser gelingen, Frust auszuhalten. Mute dir bei deinen Übungen immer nur so viel zu, wie du glaubst, aushalten zu können.
Mit Wut und Aggressionen umgehen
Viele Menschen mit geringer Frustrationstoleranz neigen bei Frust zu Wut und Aggressionen. Dagegen hilft es, in frustrierenden Situationen nicht kopflos zu reagieren, sondern bewusst tief durchzuatmen. So gewinnst du etwas Abstand – und mehr Kontrolle darüber, wie du auf deinen Frust reagierst. Atme dafür zum Beispiel für vier Sekunden ein, halte den Atem vier Sekunden lang und atme anschließend vier Sekunden lang aus. Das kannst du mehrmals wiederholen.
Je öfter es dir gelingt, nicht aggressiv zu reagieren, desto leichter wird es dir künftig fallen, ruhig(er) zu bleiben. Der Impuls, die Wut herauszulassen oder etwas zu zerstören, wird im Laufe der Zeit schwächer werden. Wenn du aber noch nicht so weit bist, kann es eine Lösung sein, in ein Kissen zu hauen oder Blätter zu zerreißen, statt das Handy durch die Gegend zu werfen.
Stress reduzieren
Wenn du viel Stress hast, werden dich negative Erlebnisse schneller frustrieren. Deshalb ist es wichtig, dass du dich gezielt entspannst und für einen Ausgleich sorgst. Wenn der Stress trotz solcher Bemühungen dauerhaft zu groß ist, kann es nötig sein, bestimmte Dinge in deinem Leben zu verändern.
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