Flexibel arbeiten – alles rund um die Gleitzeit
Gleitzeit ist für viele Arbeitnehmer das ideale Arbeitszeitmodell, ermöglicht es doch, Familie, private Termine und Berufsleben unter einen Hut zu bringen. Außerdem lassen sich Stoßzeiten in den öffentlichen Verkehrsmitteln und auf den Straßen umgehen.
Wie Gleitzeit rechtlich geregelt ist, welche Modelle es gibt und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt, liest du in diesem Beitrag.
Was genau bedeutet Gleitzeit eigentlich?
Gleitzeit oder gleitende Arbeitszeit bedeutet, dass der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende nicht fix geregelt sind. Festgelegt ist die insgesamt zu erbringende Arbeitszeit und in welchem Zeitrahmen diese erbracht werden muss. Allerdings gibt es auch bei diesem Modell Richtlinien, die eingehalten werden müssen. Die Gleitzeitregelung sollte auf jeden Fall im Arbeitsvertrag schriftlich festgehalten werden.
Was gehört in eine Gleitzeitregelung?
Für die Gleitzeitregelung oder Gleitzeitvereinbarung gibt es keine vorgeschriebene Form. Im Internet findest du Muster, an denen du dich orientieren kannst. Wichtig ist, dass folgende Punkte enthalten sind:
- Kernarbeitszeit: Diese legt fest, wann der Mitarbeiter am Arbeitsplatz anwesend sein muss.
- Gleitzeitperiode: Hier wird der Zeitraum festgelegt, in dem die Arbeit aufgenommen oder beendet werden muss.
- Höchstarbeitszeiten: Diese bestimmen, wie viele Stunden täglich oder wöchentlich mindestens gearbeitet werden muss, bzw. wie viele Stunden maximal gearbeitet werden dürfen.
- Überstunden: Wie wird damit verfahren, werden diese ausbezahlt oder mit Freizeit abgegolten.
Sonderfall: Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit
Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit ist vor allem in Unternehmen möglich, in denen keine Kundentermine wahrgenommen werden müssen. Zudem arbeiten alle autonom und müssen sich nur selten besprechen und abstimmen. In diesem Fall bestimmt der Arbeitnehmer selbst, wann er am Arbeitsplatz anwesend sein
möchte. Das Unternehmen gibt lediglich eine Betriebszeit bekannt, also die Zeit, in welcher die Arbeit erledigt werden muss. Nur wenige erlauben ihren Angestellten, auch frühmorgens oder bis in die Nacht hinein zu arbeiten.
Durch die Corona-Pandemie bekam Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit eine neue Bedeutung: Um zu verhindern, dass mehrere Mitarbeiter gleichzeitig im Büro oder in der Werkstatt sind, haben viele Unternehmen auf flexible Arbeitszeiten umgestellt. Wo Homeoffice nicht möglich ist, ist Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit eine gute Alternative.
Wie wird Gleitzeit rechtlich geregelt?
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so hat dieser Mitspracherecht bei der Einführung von Gleitzeitarbeit. Diese Vorschrift beruht auf dem Betriebsverfassungsgesetz, § 87 Nr. 2. Grundsätzlich gelten auch bei Gleitzeit die allgemeinen Bestimmungen bezüglich den maximalen Arbeitsstunden sowie der Ruhezeiten. Damit die Gleitzeitvereinbarung rechtsgültig wird, müssen Betriebsrat und Arbeitgeber diese unterschrieben.
Das Arbeitszeitkonto
Bei Gleitzeit müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Überblick über die geleisteten Stunden behalten. Gibt es keine Möglichkeit, ein- und auszustempeln, sollte unbedingt ein Arbeitszeitkonto geführt werden. Bei Gleitzeitarbeit ergeben sich automatisch Minus- oder Plusstunden. Deshalb ist es wichtig, ein entsprechendes Werkzeug zur Hand zu haben, um den Überblick zu behalten.
Je nachdem, wie mit Überstunden oder Minusstunden im Unternehmen umgegangen wird, ist es wichtig, diese korrekt abzurechnen. In vielen Fällen wird ein fixer Lohn ausbezahlt, unabhängig von den Stunden, die du anwesend warst. Das bedeutet, dass du zu einem späteren Zeitpunkt Fehlstunden nacharbeiten musst oder Überstunden einziehen darfst.
Dort, wo keine elektronische Zeiterfassung vorgenommen wird, bedeutet ein Arbeitszeitkonto häufig, dass auf Vertrauensbasis gearbeitet wird. Mitunter wird die von Hand erfasste Arbeitszeit vom Vorgesetzten kontrolliert und unterschrieben. Anstelle von Kalender oder Notizbuch und Stift, kannst du deine Zeit beispielsweise in einer Exceltabelle erfassen und deinem Vorgesetzten Zugriff gewähren. So behält er den Überblick über dein Arbeitszeitkonto.
Qualifizierte Gleitzeit
Mehr Flexibilität geht nicht: Qualifizierte Gleitzeit ist ein Modell, bei dem der Arbeitnehmer selbst festlegt, wann und wie viel er arbeitet. Er ist frei in der Entscheidung, wann er am Arbeitsplatz erscheint und wie lange er bleibt. Hauptsache, er leistet die vom Arbeitgeber vorgegebenen Stunden. Diese sind vertraglich festgelegt, wobei die Gesamtarbeitszeit wöchentlich, monatlich oder sogar jährlich vereinbart wird.
Die qualifizierte Gleitzeit kennt verschiedene Arbeitszeitmodelle:
Jahresarbeitszeitkonto | Hierfür wird die Sollarbeitszeit für ein ganzes Jahr festgelegt. Der Lohn ist jeden Monat gleich hoch, bis Ende des Jahres muss die vereinbarte Arbeitszeit geleistet worden sein. |
Lebensarbeitszeitkonto | Dieses Modell beruht darauf, dass Überzeit, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, nicht bezogene Urlaubstage etc. gesammelt werden können. In Absprache mit dem Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer in entsprechender Höhe zum Beispiel die Elternzeit verlängert oder ein frühzeitiger Renteneintritt gewährt. |
Gleitzeit mit Funktionszeit | Hier legt das Team gemeinsam fest, wer wann anwesend sein muss und wer wen vertritt. Dieses Gleitzeitmodell ist vor allem aus dem Dienstleistungsbereich bekannt. |
Gleitzeit mit Ampelkonto | Um sicherzugehen, dass die Arbeit in einem zeitlich vernünftigen Rahmen erledigt wird, kann der Arbeitgeber bestimmen, wie viele Über- oder Minusstunden in einem festgelegten Zeitrahmen anfallen dürfen. Diese Zeit wird in grünen, gelben und roten Phasen festgelegt. |
Vor- und Nachteile von Gleitzeitarbeit
Auf den ersten Blick scheint Gleitzeit nur Vorteile zu haben. Je nach Arbeit überwiegen diese tatsächlich. Aber doch sollten die Nachteile nicht übersehen werden.
Gleitzeit – Vorteile
- Freizeit und Familie kommen nicht zu kurz: Job und Privatleben können besser vereinbart werden. Ob die Kinder noch zur Kita gebracht werden müssen oder am Nachmittag ein privater Termin ansteht: Mit Gleitzeit lassen sich alle Verpflichtungen unkompliziert wahrnehmen.
- Frühaufsteher oder Langschläfer: Jeder Mensch ist anders. Anstatt morgens genervt ins Auto zu steigen, kannst du in Ruhe ausschlafen, frühstücken oder vor der Arbeit eine Runde joggen. Umgekehrt fängt bekanntlich der frühe Vogel den Wurm: Bist du schon in aller Frühe wach und voller Tatendrang, nutze einfach die leeren Straßen und die Ruhe im Büro.
- Raus aus dem Hamsterrad: Gehörst du zu den Menschen, denen Routine ein Graus ist und die oft hinterfragen, ob der immer wiederkehrende Alltagstrott tatsächlich das ganze Leben bestimmen soll? Dank Gleitzeit kannst du deinen Tag individueller und flexibler gestalten.
Kurz zusammengefasst: Gleitzeit ist gut für die Work-Life-Balance. Mitarbeiter mit flexiblen Arbeitszeiten sind allgemein zufriedener, ausgeglichener, motivierter und sogar seltener krank.
Gleitzeit – Nachteil
- Kommunikation im Team: Je nach Tätigkeitsbereich ist es wichtig, sich mit den Kollegen abzustimmen und Projekte zu besprechen. Die Teamkommunikation leidet vor allem bei Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit.
- Gleitzeit bedeutet auch Eigenverantwortung. Kommst du morgens schlecht aus dem Bett und drückst gerne mehrfach die Schlummertaste deines Weckers, drohen Fehlstunden und die Motivation leidet.
- Missbrauch bei der Zeiterfassung: Wo es keine kontrollierbaren Arbeitskonten gibt, kann es zu Zeitdiebstahl kommen. Fliegt der Betrug auf, wird wahrscheinlich eine fristlose Kündigung die logische Konsequenz sein.
- Arbeitsschutzgesetz: Arbeitnehmer müssen laut Gesetz Pausen oder Ruhezeiten einhalten. Bei Gleitzeit kommt es vor, dass diese Vorschriften nicht mehr genügend Beachtung finden.
Fazit: Gleitzeit kann vor allem bei Arbeitnehmern, die zu unselbstständig und unorganisiert sind, zu unzureichender Arbeitsleistung und Fehlstunden führen.
Gleitzeit in Zeiten von COVID-19
In Zeiten der Pandemie zeigt sich, wie wichtig flexible Arbeitszeitmodelle sind. Wo es keine Möglichkeit gibt, im Homeoffice zu arbeiten, hilft Gleitzeit, sich zu schützen. Einerseits können überfüllte Busse und Züge vermieden werden. Anderseits ist es leichter realisierbar, gestaffelt im Büro zu sein, wenn das Unternehmen bereits Gleitzeit kennt.
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