Großraumbüro: Regelungen, Vor- und Nachteile, Tipps
Rund 18 Millionen Beschäftigte in Deutschland arbeiten an einem sogenannten Bildschirmarbeitsplatz. Mehr als 60 Prozent dieser Beschäftigten teilen sich ihr Büro mit mindestens einem Kollegen oder arbeiten sogar in einem Großraumbüro. Lange Zeit galt das Großraumbüro als gute Möglichkeit, Kosten für Räumlichkeiten zu reduzieren und gleichzeitig die Produktivität zu steigern. Ist diese Überzeugung auch heute noch verbreitet?
Definition Großraumbüro: Wann spricht man von einem Großraumbüro?
Eine exakte oder verbindliche Definition davon, wann eine Bürofläche als Großraumbüro gilt, gibt es nicht. Einige Personen definieren schon solche Räumlichkeiten als Großraumbüro, in denen mehr als zehn Mitarbeiter arbeiten. Für andere müssen schon mindestens 20 Beschäftigte gleichzeitig in einem Büroraum tätigt sein, bevor sie von einem Großraumbüro sprechen.
In der Regel sind Großraumbüro auch flächenmäßig groß: Die Bürofläche verteilt sich meist auf mindestens 400 Quadratmeter. Das entspricht auch der Angabe, die sich in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) findet. Dort heißt es:
„Großraumbüros sind organisatorische und räumliche Zusammenfassungen von Büro- oder Bildschirmarbeitsplätzen auf einer 400 m² oder mehr umfassenden Grundfläche, die mit Stellwänden gegliedert sein können.”
Die Einrichtung und Umgebung in einem Großraumbüro
Großraumbüros werden gerne von solchen Unternehmen genutzt, bei denen es viele Veränderungen gibt oder wo die Fluktuation der Mitarbeiter hoch ist. Gerade die aus US-amerikanischen Büros bekannten Cubicles, also Boxen, die aus Stellwänden bestehen, die zu einem Viereck zusammengestellt werden, machen Umgestaltungen einfach.
Die Stellwände lassen sich ganz einfach an einen anderen Platz transportieren oder so neu anordnen, dass eine neue Form oder gar ein größerer Cubicle entsteht.
Natürlich müssen sich Arbeitgeber auch bei der Gestaltung eines Großraumbüros an die gesetzlichen Vorgaben halten, die in Paragraf 3a Absatz 1 und Paragraf 6 Absatz 1 der Arbeitsstättenverordnung geregelt sind. Darin finden sich konkrete Regelungen, die das vorgeschriebene Platzangebot und die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes betreffen.
Die Gestaltung der Cubicles
Für einen Bildschirmarbeitsplatz im Großraumbüro muss pro Mitarbeiter mindestens eine Fläche acht Quadratmetern zur Verfügung stehen. Inklusive Verkehrsflächen ergibt sich für die Grundfläche ein Richtwert von zwölf bis 15 Quadratmetern.
Alle Werte darunter würden den Beschäftigten in seiner Bewegungsfreiheit zu sehr einschränken. Für den Arbeitsplatz beziehungsweise den Schreibtisch an sich muss der Arbeitgeber außerdem sicherstellen, dass der Beschäftigte mindestens 1,50 Meter Arbeitsfläche zur Verfügung hat.
In der Arbeitsstättenverordnung finden sich außerdem Vorschriften bezüglich der sogenannten lichten Höhe. Damit meint man den freien, vertikalen Raum zwischen Bauteilen, in unserem Fall also zwischen den Stellwänden und der Zimmerdecke. Abhängig von der Grundfläche des Großraumbüros ergeben sich dabei folgende Zahlen:
Grundfläche | Lichte Höhe |
Bis zu 50 Quadratmeter | Mindestens 2,5 Meter |
Mehr als 50 Quadratmeter | Mindestens 2,75 Meter |
Mehr als 100 Quadratmeter | Mindestens 3,0 Meter |
Mehr als 2000 Quadratmeter | Mindestens 3,25 Meter |
Häufig nutzt man drei oder vier Raumteiler, um einen Cubicle zu unterteilen. Die Höhe ist variabel und kann sich nach den individuellen Anforderungen des Unternehmens richten. In den USA sind Raumteiler mit einer Höhe zwischen 1,50 und 1,65 Meter üblich. Auch hierzulande hat sich diese Höhe mittlerweile zum großen Teil durchgesetzt.
Die Platzierung der Cubicles
Die meisten Arbeitgeber achten außerdem darauf, dass ihre Mitarbeiter im Großraumbüro möglichst in der Nähe eines Fensters arbeiten können. Denn so bekommen sie zumindest ein wenig natürliches Licht ab, was sich auf den Biorhythmus positiv auswirkt.
Vorschrift ist das jedoch nicht, daher sind auch Arbeitsplätze in der Mitte der Bürofläche eines Großraumbüros denkbar. Wo es geht, sollten Arbeitgeber jedoch darauf achten, diesen Raum anderweitig zu nutzen. Besprechungsräume oder Ruhezonen bieten sich an dieser Stelle zum Beispiel als Verwendungsmöglichkeit an.
Großraumbüro: Die Vor- und Nachteile
Das Großraumbüro wurde nicht nur deshalb erdacht, um möglichst viele Mitarbeiter auf möglichst wenig Bürofläche unterzubringen. Auch abseits davon haben sich Arbeitgeber Vorteile von der Idee eines Großraumbüros versprochen – und tun es immer noch.
Die Vorteile des Großraumbüros
Diese positiven Aspekte des Großraumbüros werden immer wieder betont:
- Kommunikation kann profitieren: Wenn sich Mitarbeiter in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander befinden, fällt es leichter, sich untereinander abzustimmen. Anrufe oder E-Mails kann man sich oft sparen. Man rollt im besten Falle einfach mit dem Schreibtischstuhl ein paar Meter rückwärts und fragt den betreffenden Kollegen direkt.
- Zusammenhalt im Team lässt sich steigern: Wenn die Kollegen räumlich nah beieinandersitzen, fällt nicht nur die interne Abstimmung leichter. Auch eine kurze Unterhaltung zwischendurch lässt sich so leichter bewerkstelligen. Solange die Unterbrechung nicht ausartet, sollte der Chef nichts dagegen haben. Denn kurze private Gespräche fördern den Zusammenhalt im Team, was sich wiederum positiv auf die Stimmung in der Belegschaft, die Motivation und damit auch die Produktivität auswirkt.
- Veränderungen lassen sich schnell umsetzen: Die Mitarbeiter in einem Großraumbüro können sich so platzieren, dass diejenigen Kollegen, die eng zusammenarbeiten, an benachbarten Arbeitsplätzen sitzen. Sollte sich das Teamgefüge ändern und Kollege A nicht mehr mit Kollege B, sondern mit Kollege C eng zusammenarbeiten, können sich diese Mitarbeiter dank flexibler Arbeitsplätze im Großraumbüro mit wenig Zeitaufwand nebeneinandersetzen.
- Großraumbüro kann Kosten reduzieren: Für Arbeitgeber spielt es außerdem eine Rolle, dass die Kosten pro Arbeitsplatz im Großraumbüro geringer ausfallen als in kleineren Büros. Das liegt erstens daran, dass sich in einem Großraumbüro mehr Mitarbeiter unterbringen lassen. Und zweitens sind die Materialien, die zur Raumtrennung verwendet werden, etwa Stellwände, in der Regel nicht so teuer wie Räume aus Stein oder Beton.
Die Nachteile des Großraumbüros
Auf der anderen Seite gibt es auch einige Nachteile, die das Großraumbüro mit sich bringt. Und zwar die Folgenden:
- Mehr Unruhe verhindert Konzentration: Des einen Freud ist des anderen Leid. Dieses Sprichwort trifft auch auf das Großraumbüro zu. Während manche Arbeitnehmer sehr gut mit der räumlichen Nähe zurechtkommen, bedeutet diese Nähe für andere erhöhten Stress. Vor allem dann, wenn die Kollegen nicht nur nah beieinandersitzen, sondern auch nicht gerade leise sind. In einem Call Center, in dem die Tätigkeit der Mitarbeiter hauptsächlich darin besteht zu telefonieren, kann das Großraumbüro einige Nachteile mit sich bringen. Der hohe Geräuschpegel ist in dieser Art von Großraumbüro ein Grund dafür, dass sich die Mitarbeiter nur schlecht konzentrieren können, weil sie permanent von Klingelgeräuschen oder dem Klappern anderer Tastaturen abgelenkt werden. Arbeitgeber, die in diesen Großraumbüros nicht für einen ausreichenden Schallschutz sorgen, laufen Gefahr, dass ihre Mitarbeiter nicht so produktiv arbeiten wie sie es eigentlich könnten.
- Unruhe und Stress führen zu schlechter Laune: Nicht nur die Produktivität und Konzentration, auch die Gesundheit der Mitarbeiter kann in einem Großraumbüro leiden. Ständige Hintergrundgeräusche und ein erhöhter Geräuschpegel verursachen Stress. Und Stress führt langfristig dazu, dass wir nicht mit voller Leistung arbeiten können. Noch dazu fällt es uns schwerer, in stressigen Situationen freundlich zu bleiben und selbst schwierige Kunden mit der nötigen Wertschätzung zu behandeln. Das wiederum dürfte dem Arbeitgeber nicht gefallen.
- Stress schadet unserer Gesundheit: Schon lange weiß man, dass zu viel Stress schlecht für unsere Gesundheit ist. Zunächst zeigen sich eher unspezifische Symptome wie Rückenschmerzen oder Schlafprobleme, doch auch unsere Abwehrkräfte insgesamt können geschwächt werden. Hinzukommt, dass sich in einem Großraumbüro Viren und Bakterien leichter verbreiten. Ohne spezielle Luftfilteranlage haben Krankheitserreger in einem Großraumbüro leichtes Spiel: Da die Mitarbeiter meist nur in geringem Abstand zueinander sitzen, ist eine Ansteckung wahrscheinlich. Gerade während der Hochphase der Pandemie waren Großraumbüros daher äußerst unbeliebt. Arbeitgeber mussten spezielle Vorkehrungen treffen, um ihre Beschäftigten bestmöglich zu schützen. Auch die Anzahl der Mitarbeiter, die in einem Großraumbüro arbeiten dürfen, wurde während der Hochphase der Pandemie begrenzt, um Ansteckungen einzudämmen.
- Privatsphäre ist Mangelware: Kleine Gespräche mit den Kollegen zwischendurch können zwar den Zusammenhalt im Team fördern, auf der anderen Seite möchte man aber auch nicht alles mit den Kollegen teilen. Doch: Auch kritische Gespräche mit Kunden oder Vorgesetzten hören die Kollegen in unmittelbarer Nähe gegebenenfalls mit. Wenn es dabei um ein brisantes Thema geht, wird man somit schnell zum Top-Gesprächsthema – ob man will oder nicht. Das gehört im Großraumbüro oft dazu.
Arbeiten in einem Großraumbüro: Tipps für mehr Konzentration
In einem Großraumbüro kann es laut und hektisch zugehen: Der Kollege im Cubicle nebenan ist mit einem anderen Mitarbeiter in eine hitzige Diskussion verwickelt, Drucker und Scanner laufen nur ein paar Meter entfernt und zu allem Überfluss klingelt auch noch das eigene Telefon. Da kann es schon sehr schwierig sein, sich zu konzentrieren. Wie du im Großraumbüro trotzdem volle Leistung bringen kannst, erfährst du jetzt:
- Die Regeln einhalten: In den meisten Großraumbüros gibt es verbindliche Regeln, an die sich alle halten müssen. So soll die Arbeit für alle erleichtert und angenehmer gestaltet werden. Sollte der Kollege aus dem Cubicle nebenan sich nicht an diese Regeln halten, kannst du ihn freundlich daran erinnern. Auf der anderen Seite solltest auch du natürlich auch selbst darauf achten, dass du die Regel einhältst. So gehst du mit gutem Beispiel voran.
- Verbindliche Regelungen festhalten: Es kommt immer wieder vor, dass der Arbeitgeber nicht alle Eventualitäten mit seinen Regelungen erfasst. Solltest du merken, dass dir noch bestimmte Regeln fehlen, um konzentriert und produktiv arbeiten zu können, kannst du darum bitten, das Regelwerk zu erweitern. Kläre das jedoch vorher mit deinen Kollegen ab. Schlägst du eine neue Regel vor, die nur den wenigsten Kollegen gefällt, machst du dir keine Freunde in der Belegschaft.
- Probleme frühzeitig angehen: Wenn der Arbeitgeber lange braucht, um Neuerungen einzuführen oder Regelungen zu ändern, kann man das auch – zum Teil – selbst in die Hand nehmen. Es spricht nichts dagegen, sich mit den direkten Kollegen auf bestimmte Abläufe zu verständigen. Wer das so schnell wie möglich macht, lässt erst gar keinen Unmut oder gar Frust aufkommen. Das erleichtert das Arbeiten in einem Großraumbüro ungemein.
- Bei zu viel Stress Ausgleich suchen: Manche Arbeitgeber erlauben es ihren Mitarbeitern, während der Arbeitszeit geräuschunterdrückende Kopfhörer zu nutzen. Die können helfen, wenn der Geräuschpegel im Großraumbüro mal wieder an den Nerven zerrt. Wichtig ist es außerdem, frühzeitig eine Pause einzulegen, wenn Druck, Stress und Umgebungslärm zu viel werden. In den meisten Großraumbüros gibt es spezielle Ruhezonen, in die sich Mitarbeiter zurückziehen können, wenn sie eine kurze Auszeit brauchen. Wo das nicht möglich ist, kann auch schon der Gang zum Drucker oder in die Kaffeeküche dafür sorgen, den Kopf freizubekommen.
Gruppenbüro statt Großraumbüro
Manche Arbeitgeber gestalten ihr Großraumbüro zu mehreren Gruppenbüros um. Die Idee dahinter: Die Vorteile des Großraumbüros möchte man beibehalten, während man gleichzeitig versucht, die Nachteile einzudämmen. So arbeiten in einem Gruppenbüro deutlich weniger Mitarbeiter zusammen, was die Lärmbelastung erheblich reduzieren kann. Auf der anderen Seite bleiben in einem Gruppenbüro die Vorteile der räumlichen Nähe, die kurze Wege bietet und schnelle Absprachen erlaubt, erhalten.
Auch Gruppenbüros lassen sich mit Stellwänden einrichten und so ganz einfach umbauen und an die Bedürfnisse der Mitarbeiter oder an die Anforderungen des aktuellen Projekts anpassen.
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