Minderwertigkeitskomplex: Tipps und Therapien
Wer unter Minderwertigkeitskomplexen leidet, fühlt sich nicht gut genug und zweifelt ständig an sich und seinen Fähigkeiten. Eine denkbar schlechte Ausgangslage, um glücklich und beruflich erfolgreich zu sein. Woher Minderwertigkeitskomplexe kommen und was man abgesehen von einer Therapie noch ausprobieren kann, um die Zweifel loszuwerden, kannst du jetzt erfahren.
Definition: Was sind Minderwertigkeitskomplexe?
Sich schlecht fühlen, nicht im Spiegel anschauen wollen oder sich einfach nichts zutrauen – vermutlich hat jeder von uns schon einmal so gefühlt oder gedacht. Das ist auch ganz natürlich, denn jeder hat einmal schlechte Tage, an denen er an sich zweifelt.
Werden die Zweifel jedoch übermächtig, könnte es sich um einen Minderwertigkeitskomplex handeln. Dann vergleichen wir uns ständig und fast schon zwanghaft mit anderen Menschen, fühlen uns klein und unterlegen und trauen uns nichts zu. Die schlechte Meinung über uns selbst verinnerlichen wir dabei so sehr, dass sie unseren Alltag bestimmt. Das äußert sich zum Beispiel so, dass wir uns zuhause verkriechen und nicht mehr zu Partys gehen, weil wir denken, dass dort ohnehin alle über uns lachen werden oder wir dort nicht erwünscht sind.
Minderwertigkeitskomplexe können sich durch sogenannte Aufwärtsvergleiche verstärken. Damit meint man die ungesunden Vergleiche mit beispielsweise Influencern in den sozialen Medien, die naturgemäß besonders fit, durchtrainiert, stylisch oder anderweitig alles andere als durchschnittlich sind. Wir lassen dabei außer Acht, dass diese Personen den ganzen Tag über nichts anderes machen, als sich auf das nächste Foto oder Video vorzubereiten.
Wer dagegen einen Vollzeitjob und vielleicht auch eine Familie hat, der wird nicht so viel Zeit für Äußerlichkeiten haben. Trotzdem neigen einige von uns dazu, sich mit Influencern zu vergleichen. Bei diesem Vergleich können sie nur schlecht abschneiden, was wiederum die eigenen Minderwertigkeitsgefühle verstärkt.
Symptome und Anzeichen von Minderwertigkeitskomplexen
Wenn du dir nicht sicher bist, ob du gerade nur vorübergehend eine schlechte Meinung von dir hast oder aber dein gesamtes Selbstbild negativ ist, kannst du auf folgende Anzeichen für Minderwertigkeitskomplexe achten:
- Du konzentrierst dich hauptsächlich auf die Dinge, die dir nicht gelingen und die du noch nicht kannst.
- Eigene Erfolge kannst du nicht anerkennen. Wenn dir etwas gut gelungen ist, schiebst du es darauf, dass du Glück hattest oder dass der Zufall mit im Spiel war.
- Du bist fast schon besessen davon, dich mit anderen Menschen zu vergleichen – und schneidest bei diesem Vergleich schlecht ab.
- Du fühlst dich nur gut, wenn du die Bestätigung von anderen Personen erhältst.
- Negative Dinge oder Rückschläge bekommen bei dir überproportional viel Aufmerksamkeit.
Die Folgen von Minderwertigkeitsgefühlen
Personen, die permanent davon ausgehen, dass ihnen nichts gelingt und dass sie niemals das erreichen werden, was sie sich vornehmen, sind nur selten glücklich.
Einige Betroffene versuchen, ihr negatives Selbstbild aktiv zu beeinflussen, indem sie sich besonders viel Mühe bei ihren täglichen Aufgaben geben. Doch auch die besondere Sorgfalt trägt nicht dazu bei, dass Menschen mit einem Minderwertigkeitskomplex zufriedener mit sich selbst und der eigenen Leistung sind.
Im Gegenteil, auch die sehr sorgfältig vorbereitete Präsentation ist immer noch nicht gut genug. Menschen, die unter Minderwertigkeitsgefühlen leiden, neigen zu übertriebenem Perfektionismus.
Dieser übertriebene Perfektionismus sorgt dafür, dass sich Personen, die unter Minderwertigkeitskomplexen leiden, zu immer neuen Höchstleistungen treiben – Überstunden eingeschlossen. Damit fehlen ihnen jedoch die wichtigen Regenerationsphasen, was dazu führt, dass sie ausgelaugt und nach und nach nicht mehr so leistungsfähig sind. Die verminderte Leistungsfähigkeit kann die Minderwertigkeitskomplexe jedoch wiederum verstärken.
Minderwertigkeitskomplexe: die Ursachen
Wie bei vielen anderen psychischen Problemen oder Erkrankungen liegen auch die Wurzeln des Minderwertigkeitskomplexes in der Kindheit und Sozialisation, aber auch in der genetischen Veranlagung des jeweiligen Menschen.
Psychologen sehen es mittlerweile als unstrittig an, dass zu wenig Zuwendung der Eltern oder generelle negative Erfahrungen in der Kindheit dazu führen können, dass die Personen als Erwachsene unter Minderwertigkeitskomplexen leiden.
Doch nicht nur emotionale Vernachlässigung kann das Gefühl befördern, einfach nicht gut genug zu sein. Auch das umgekehrte Verhalten der Eltern oder Erziehungsberechtigten kann im späteren Leben zu Minderwertigkeitskomplexen führen. Kinder, die sich nie beweisen müssen und permanent gelobt werden, können ebenfalls Probleme bekommen. Denn als Erwachsene erwarten sie das gleiche Verhalten, das sie bereits aus ihrer Kindheit kennen. Ihr Chef wird sie später jedoch – anders als die Eltern – kaum dafür loben, dass sie pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen. Für Personen, die derart behütet aufgewachsen sind, kann das eine herbe Enttäuschung sein und schließlich zu Minderwertigkeitsgefühlen führen. Denn sie suchen vergebens nach der ständigen positiven Rückmeldung für alltägliche Dinge, die sie von ihren Eltern erfahren haben.
Minderwertigkeitsgefühle im Job: Diese Probleme können drohen
Wer unter einem mangelnden Selbstbewusstsein oder gar Minderwertigkeitskomplexen leidet, traut sich nicht allzu viel zu. Das ist im Job jedoch ein Problem. Schon in den 70er Jahren gab es eine Untersuchung, die zeigte, dass Personen, die nicht davon ausgehen, dass sie die Aufgabe erledigen können, sie auch wirklich nicht schaffen – und das obwohl sie die nötigen Fähigkeiten dazu besitzen.
Im Beruf ist genau das ein Problem. Wenn du permanent deine eigenen Leistungen hinterfragst und dir nichts zutraust, wirst du vermutlich wirklich nichts schaffen. Was wiederum bedeutet, dass du beruflich keinen Erfolg haben wirst.
Abhängig davon, wie ausgeprägt der Minderwertigkeitskomplex ist, kommen noch weitere Faktoren hinzu: Einige Menschen grenzen sich ganz bewusst von anderen ab und gehen ihnen aus dem Weg. Das Netzwerken ist häufig auch eine Voraussetzung für beruflichen Erfolg, denn viele neue Positionen werden über das sogenannte Vitamin B, also Beziehungen, besetzt.
Minderwertigkeitskomplex überwinden: So kann es gelingen
Vorab sei gesagt, dass sich Menschen mit starken Minderwertigkeitskomplexen an einen Fachmann oder eine Fachfrau wenden sollten. Starke Minderwertigkeitskomplexe könnten ein Grund dafür sein, dass sich eine Depression entwickelt.
Wenn du jedoch das Gefühl hast, dass dein Selbstbewusstsein lediglich einen kleinen Schub gebrauchen könnte, dann versuch doch einmal folgende Dinge:
- Ist-Analyse: Auch wenn du es vielleicht nicht glaubst – es gibt sicherlich einige Dinge, die du sehr gut beherrschst. Nimm dir einen Augenblick Zeit und versuche genau diese Dinge herauszufinden. Kannst du beispielsweise besonders gut zuhören, bist du hilfsbereit oder kennst du dich aus deinem Team am besten mit einer bestimmten Software aus? Was auch immer es ist, schreib es auf und sammle deine Stärken. Um einen möglichst umfassenden Einblick zu bekommen, kannst du auch deine Kollegen, Freunde und Bekannte fragen, welche Eigenschaften sie besonders an dir schätzen und welche besonderen Fähigkeiten sie dir zuschreiben. Du wirst erstaunt sein, wie andere Personen dich sehen.
- Fokussieren: Minderwertigkeitskomplexe kommen auch daher, dass man sich hautsächlich auf die Fähigkeiten, Eigenschaften oder Dinge konzentriert, die man nicht hat oder nicht beherrscht. Das solltest du schnellstmöglich ändern. Schritt eins kann dir dabei helfen, denn nun weißt du, wo deine Stärken liegen und was die Personen aus deinem Umfeld an dir schätzen. Führe dir diese Dinge immer wieder vor Augen – und zwar ganz bewusst. Das solltest du besonders dann tun, wenn du wieder denkst, dass du alles falsch machst und die schwierige Aufgabe sicherlich nicht meistern wirst. Solche negativen Glaubenssätze solltest du in Zukunft aus deinem Kopf verbannen. Denke ausschließlich an die Dinge, die du gut machst.
- Lächeln: Auch wenn dein Lächeln gezwungen ist, kann es positive Gefühle hervorrufen – und das nicht nur bei anderen, sondern auch bei dir. Denn auch ein aufgesetztes Lächeln aktiviert die gleichen Nervenbahnen wie ein echtes Lächeln. Für die Hormone in deinem Körper macht es keinen Unterschied, ob dein Lächeln echt oder gespielt ist. Das wiederum bedeutet, dass du die positiven Emotionen, die mit einem Lächeln verbunden sind, ganz einfach selbst hervorrufen kannst. Daher heißt es ab jetzt: Mundwinkel nach oben! Damit wirkst du übrigens auch auf deine Mitmenschen sympathischer.
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