Ein Mann blickt in den Spiegel, was ist die richtige Dosierung für Selbstkritik?

Ja zur Selbstkritik: Aber in der richtigen Dosierung

Selbstkritik meint das Vermögen, die eigene Leistung kritisch zu überprüfen. Das ist kann dabei helfen, Fehler zu entdecken und sie in Zukunft zu vermeiden. Es gibt jedoch auch Menschen, die es mit der Selbstkritik übertreiben und ein ungesundes, destruktives Verhältnis zur eigenen Leistung entwickeln. Wir verraten, wie sich das vermeiden lässt und wie man einen konstruktiven Umgang mit Selbstkritik pflegt.

Definition Selbstkritik: Was ist das überhaupt?

Selbstkritik bedeutet, dass wir unser eigenes Handeln kritisch betrachten. Selbstkritik ist auf die eigene Person gerichtet, während wir uns bei anderen Formen der Kritik eher unser Umfeld bewerten und kritisieren.

Selbstkritische Personen können ihr Verhalten in der Regel schneller ändern. Und die Veränderung ist nachhaltiger, wenn man selbst zu der Einsicht gelangt, dass das aktuelle Verhalten nicht zum gewünschten Ergebnis führt. Selbstkritik ist in diesem Sinne also ein Weg der Selbstoptimierung.

Selbstkritik: Die Grenze zwischen guter und schlechter kritischer Betrachtung

Bleibt die Selbstkritik im oben beschriebenen Rahmen, können wir durchaus davon profitieren. Denn wer selbst einsieht, dass er sich ändern muss, wird das schneller und vermutlich nachhaltiger tun. Jedenfalls ist die Motivation in vielen Fällen höher, als wenn uns unser Partner oder Kollege so lange kritisiert, bis wir uns genötigt sehen, uns anzupassen. Denn in diesem Fall ändern wir uns nicht aus freien Stücken, sondern weil wir der andauernden Kritik entkommen möchten.

Neben diesen positiven Aspekten der Selbstkritik gibt es auch Schattenseiten. Denn einige Personen übertreiben es mit der Selbstkritik und überschreiten die Grenze von guter (konstruktiver) hin zu schlechter (destruktiver) Selbstkritik. Sie beurteilen das eigene Handeln und – schlimmer noch – die eigene Person durchweg negativ. Menschen, die zu destruktiver Selbstkritik neigen, finden immer etwas, das sie an sich kritisieren können. Sie sind mit dem eigenen Verhalten nie zufrieden, sondern finden grundsätzlich etwas, das noch verbessert werden kann.

Außerdem werten destruktiv selbstkritische Menschen sich häufig selbst ab. Andere Personen nehmen sie demgegenüber immer als erfolgreicher, hübscher, jünger oder wohlhabender wahr. Sie selbst fühlen sich minderwertig und zweifeln immer mehr an den eigenen Leistungen und dem eigenen Können. Nicht selten setzen übermäßig selbstkritische Menschen auf diese Weise eine negative Gedankenspirale in Gang, die stark belastend sein kann.

Vor- und Nachteile: Die Auswirkungen von Selbstkritik

Zunächst scheint ausschließlich Selbstkritik positiver Natur zu sein. Denn Personen, die ihr eigenes Handeln kritisch reflektieren, sehen überall Verbesserungspotenzial. Wenn sie diese Verbesserungen in die Realität umsetzen können, ist das für beide Seiten vorteilhaft: Der Chef freut sich, dass sein Mitarbeiter gute Leistung bringt, und der Mitarbeiter erhält vielleicht eine Beförderung oder eine Gehaltserhöhung, weil er gute Leistung liefert.

Menschen, die selbstkritisch sind, sind außerdem mehr als andere Personen in der Lage, das eigene Handeln und die eigenen Verhaltensweisen zu reflektieren – und das recht objektiv.

Kommen diese selbstkritischen Personen zu dem Ergebnis, dass sie bestimmte Dinge besser machen könnten, besitzen sie häufig die nötige Motivation, um das auch anzugehen. Bei Personen mit einem gesunden Maß an Selbstkritik ist daher die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie es zum Beispiel schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören oder sich andere ungesunde Gewohnheiten abzutrainieren.

Übertriebene Selbstkritik kann schaden

Wenn die Selbstkritik in einem gesunden Rahmen bleibt, kann sie also einige Vorteile für die betreffende Person haben. In manchen Fällen bleibt es jedoch nicht dabei, dass die kritische Einstellung der eigenen Person gegenüber nur positiv zu bewerten ist.

Im Gegenteil: Menschen, die zu selbstkritisch sind, leiden darunter. Sie können Erfolge kaum mehr anerkennen, sondern haben an allem etwas auszusetzen. Früher oder später überträgt sich das selbstkritische Verhalten auf die gesamte Person. Wenn die Selbstkritik zum bestimmenden Faktor wird, wertet man sich selbst ab und fühlt sich minderwertig.

Mangelndes Selbstwertgefühl, Minderwertigkeitskomplexe oder gar eine Depression können die Folgen übertriebener Selbstkritik sein.

Betroffene sehen an der eigenen Leistung nur das, was nicht gut ist, und setzen sich immer weiter unter Druck, um bessere Leistung zu erzielen. Das jedoch führt nur selten zum Erfolg. Bei den meisten Personen führt es eher zu Unsicherheit, Stress und letztlich zu Fehlern. Was wiederum dazu führt, dass sie noch kritischer werden, sich noch weiter unter Druck setzen und schließlich noch mehr Fehler machen. Sie erreichen häufig das Gegenteil von dem, was sie eigentlich möchten.

Konstruktive vs. destruktive Selbstkritik

Die Frage, ob Selbstkritik gut oder schlecht ist, hängt davon ab, welche Form der Selbstkritik überwiegt. Denn wie wir gesehen haben, ist ein wenig objektive Kritik dem eigenen Verhalten gegenüber förderlich.

Nur wer in der Lage ist, das eigene Tun und die eigene Leistung selbstkritisch zu beurteilen, und außerdem Feedback von anderen Personen anzunehmen, wird in der Lage sein, sich zu verbessern. Diese Form der Selbstkritik ist als konstruktive Kritik zu begreifen. Sie hilft dabei, sein Potenzial voll auszuschöpfen.

Personen, die stattdessen grundsätzlich davon ausgehen, dass sie ohnehin schon alles richtig machen, werden wohl kaum die Notwendigkeit sehen, etwas zu verbessern. Für die eigene Karriere und die persönliche Entwicklung ist das vermutlich schlecht. Diesen Menschen würde ein wenig konstruktive Selbstkritik nicht schaden.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch diejenigen Personen, die es mit der Selbstkritik übertreiben. Bei ihnen überwiegt die destruktive Selbstkritik mit all ihren negativen Eigenschaften, die wir weiter oben beschrieben haben.

Diesen Personen tut es meist gut, wieder einen etwas entspannteren Umgang mit sich selbst zu pflegen, wieder etwas weniger kritisch mit sich selbst und dem eigenen Verhalten zu sein.

Selbstkritik: So lernst Du einen gesunden Umgang

Die Aufgabe lautet also, zwar Kritik am eigenen Verhalten und der eigenen Leistung zu üben, dies aber konstruktiv zu tun. Wie das gelingen kann, zeigen folgende Tipps:

  1. Objektivität trainieren: Übertriebene Selbstkritik kommt häufig daher, dass wir unser eigenes Verhalten objektiv falsch einschätzen. Wir geißeln uns für Dinge, die wir bei anderen hinnehmen würden. Der Grund: Wenn wir andere Menschen kritisieren, tun wir das meist mit ein wenig Abstand. Bei uns selbst fällt es uns dagegen schwer, das eigene Verhalten oder die eigene Leistung mit demselben Abstand zu beurteilen. Versuche daher in Zukunft, deine Leistung möglichst objektiv zu bewerten. Schreibe dir dazu auf, was du geleistet hast, und vergleiche deine Leistung mit der deiner Kollegen. Unter Umständen kann es auch helfen, genau zu notieren, was von dir verlangt wurde und was du abgeliefert hast. Wenn du dir aufschreibst, was du geschafft hast, wird es für dich deutlicher sichtbar, dass deine Leistung gar nicht so schlecht ist, wie du denkst. Das hilft dir dabei, deine Leistung ein besser beurteilen zu können und dich mit übertriebener Selbstkritik zurückzuhalten.
  2. Leistung kritisieren: Es ist normal, dass manche Dinge nicht nach Plan laufen. Das solltest du dir immer vor Augen führen. Du musst deine Leistung von deiner Person trennen. Wenn etwas nicht so geklappt hat, wie du es dir vorgenommen hast, ist das zwar ärgerlich, hat aber nicht direkt etwas mit dir als Person zu tun. Personen, die zu übertriebener Selbstkritik neigen, haben häufig den Drang, Fehler damit zu begründen, dass ihre eigenen Fähigkeiten ungenügend sind. Das ist ein großer Fehler, den du dir unbedingt abtrainieren musst.
  3. Umstände berücksichtigen: Um destruktive Selbstkritik zu vermeiden, kann es dir helfen, die Umstände genauer zu betrachten. In den meisten Fällen gibt es viele Gründe, warum etwas nicht so gelaufen ist wie geplant. Das heißt natürlich nicht, dass du von nun an nur noch deine Umwelt für schlechte Leistungen verantwortlich machen solltest. Aber es kann zu einem gesunden Umgang mit der Selbstkritik beitragen, wenn du ein wenig Verantwortung abgibst.

Bildnachweis: ldutko / Shutterstock.com


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