Vorurteile: Gründe und was man dagegen tun kann
Beamte sind behäbig und Handwerker immer zu spät – typische Vorurteile, die man bestimmten Berufsgruppen gegenüber hat. Wir stecken jedoch nicht nur bestimmte Berufsgruppen in eine Schublade. Auch im Privatleben begegnen wir immer wieder Vorurteilen. Welche Auswirkungen das haben kann und wie du Vorurteile abbauen kannst, erfährst du jetzt.
Definition: Was ist ein Vorurteil?
Es gibt wohl niemanden unter uns, der komplett ohne Vorurteile wäre. Oder hast du noch nie über einen Blondinenwitz gelacht? Diese Art von Gag funktioniert eben nur, weil wir bestimmte Vorurteile blonden Frauen gegenüber haben.
Dass an diesen Zuschreibungen nicht viel Wahres dran ist, ist ein Kriterium des Vorurteils. Denn wer Vorurteile hat, bildet sich vorschnell ein Urteil über eine Person oder eine Sache – also ohne sich eingehend damit zu beschäftigen oder auf objektive Tatsachen zurückzugreifen.
Vorurteile können entstehen, indem wir selbst voreilig zu einer Beurteilung einer Person oder Sache kommen oder aber indem wir Vorurteile, die andere Personen haben, unreflektiert übernehmen. Eltern, Partner und unser Freundeskreis spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Beispiele für typische Vorurteile
Gerade am Arbeitsplatz gibt es eine Menge Vorurteile – wie beispielsweise diese hier:
- Junge Kollegen sind zwar voller Tatendrang und dynamisch, haben aber keine Berufserfahrung.
- Ältere Kollegen sind schnell von dem technologischen Fortschritt überfordert und können nicht mithalten.
- Kollegen, die ein wenig mehr auf den Rippen haben, sind fauler als schlanke Mitarbeiter.
- Beamte schieben gerne eine ruhige Kugel.
- Handwerker sind ständig zu spät und trinken gerne schon am Vormittag eine Flasche Bier während der Arbeit.
- Lehrer arbeiten recht wenig und haben die meiste Zeit des Jahres Ferien.
Vorurteile gegenüber Frauen
Zu den typischen Vorurteilen gehören auch geschlechtsspezifische Klischees – wie zum Beispiel diese hier:
- Frauen können nicht rechnen und haben kein Talent für Naturwissenschaften.
- Frauen sind handwerklich nicht begabt.
- Frauen haben einen übertriebenen Hang zum Shopping – und kaufen besonders gern Schuhe.
- Frauen fahren schlecht Auto.
- Frauen können rechts und links nicht unterscheiden.
Vorurteile über Deutschland
Daneben gibt es die klassischen Vorurteile mit denen Deutsche immer wieder konfrontiert werden, nämlich:
- In jedem deutschen Vorgarten steht ein Gartenzwerg.
- Deutsche haben herzlich wenig Humor und nehmen die meisten Dinge unverhältnismäßig ernst.
- Im Urlaub erkennt man Deutsche daran, dass sie Socken in Sandalen tragen.
- Das Lieblingsessen der Deutschen ist Wurst und Sauerkraut. Dazu trinken sie Bier.
- Der durchschnittliche Deutsche hat viel zu viele Versicherungen abgeschlossen.
Positive Vorurteile Beispiele
Auch wenn vielleicht der Eindruck entstanden ist: Nicht alle Vorurteile sind negativ. Es gibt auch durchaus positive Zuschreibungen, die zu den Vorurteilen gehören:
- Deutschland ist das Land der Dichter und Denker.
- Deutsche legen sehr großen Wert auf Pünktlichkeit.
- Deutsche sind bekannt dafür, dass Sie lieber Sparen, als ihr Geld für unnötigen Konsum auszugeben.
Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Was sie zeigen soll: Wir alle sind schon einmal Vorurteilen begegnet und kennen ganz viele Stereotype aus eigener Erfahrung.
Die Vorteile: Wie entstehen Vorurteile?
Vorurteile sind Denkabkürzungen. Wie andere psychologische Phänomene, zum Beispiel der Confirmation Bias, sollen sie uns eine Hilfe sein. Die Abkürzungen sind nämlich dazu da, eine Situation schnell beurteilen zu können.
Diese Faustregeln brauchte der Mensch während seiner Entstehungsgeschichte. Denn wer in der Frühzeit der Menschheit nicht schnell handelte und auf die falsche Gruppe von Menschen hereinfiel, dessen letztes Stündchen hatte schnell geschlagen.
Im Kampf ums Überleben entwickelten sich daher Strategien, um schnell zu einer klaren Handlungsanweisung zu kommen: Soll ich fliehen oder mich der Gruppe anschließen? Wer die richtige Entscheidung traf, überlebte.
Vorurteile sind eine Ausprägung dieses Erbes. Denn letzten Endes sollen auch sie dabei helfen, aufgrund bestimmter Stereotypen schnell Entscheidungen zu treffen. Gerade in einer Welt, die täglich komplexer wird, gewinnen Vorurteile daher immer mehr an Bedeutung.
Doch wie wir an der Aufzählung der unterschiedlichen Beispiele für Vorurteile gesehen haben, liegt man in vielen Fällen gehörig daneben, wenn man sich auf diese Klischees verlässt.
Nachteile von Vorurteilen
Der größte Nachteil von Vorurteilen ist daher, dass ein Klischee die Beziehung zwischen Menschen nachhaltig negativ beeinflussen kann. Wenn eine neue Kollegin ins Team eingeführt werden soll, sie blonde Haare hat und noch dazu ein wenig kräftiger ist, könnte man sich von seinen Vorurteilen zu einem komplett falschen Schluss ihr gegenüber verleiten lassen. Denn das Klischee lautet ja, dass sie intellektuell nicht ganz auf der Höhe und noch dazu ein wenig behäbiger ist. Keine Eigenschaften, die man bei seiner neuen Kollegin sucht.
Wenn wir unsere Vorurteile und Stereotypen nicht reflektieren, könnten wir sogar unsere Wahrnehmung der neuen Kollegin gegenüber in eine komplett falsche Richtung lenken. Wenn Vorurteile unsere Wahrnehmung bestimmen, werden wir positive Eigenschaften der Person nicht bemerken oder ihnen zumindest keinen großen Stellenwert beimessen.
Ein Ungleichgewicht entsteht: Wir messen den negativen Eigenschaften viel mehr Wert zu, als sie in Wirklichkeit haben. Die Kollegin hat damit nahezu keine Chance, uns von ihrer wirklichen Arbeitsweise (und Persönlichkeit) zu überzeugen.
Wir verpassen damit Gelegenheiten, uns mit anderen Personen anzufreunden und ihr volles Potenzial zu erkennen. Wenn die Vorurteile sogar unser gesamtes Denken bestimmen, können sie am Arbeitsplatz das Betriebsklima nachhaltig verschlechtern und im Privatleben dafür sorgen, dass wir langsam aber sicher zum Außenseiter werden.
Vorurteile abbauen: So kann es gelingen
Du möchtest lieber offen und unvoreingenommen durch die Welt gehen? Dann solltest du daran arbeiten, Vorurteile gar nicht erst entstehen zu lassen oder sie abzubauen. Das kann dir zum Beispiel so gelingen:
- Handeln reflektieren: Wenn wir bestimmte Verhaltensweisen ablegen möchten, müssen wir sie zunächst anerkennen. Das ist auch bei Vorurteilen nicht anders. Daher solltest du dir zunächst bewusst machen, dass du Vorurteile hast. Denn kaum ein Mensch ist frei davon. Versuche dir zunächst klarzumachen, welche Vorbehalte oder Klischees du verinnerlicht hast. Wenn du mal wieder geneigt bist, einem Kollegen oder gar einer ganzen Gruppe von Menschen bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben, solltest du hinterfragen, auf welcher Grundlage du das machst. Hast du entsprechende Erfahrungen gemacht oder übernimmst du bewusst oder unbewusst Vorurteile, die in der Gesellschaft kursieren?
- Vorurteile hinterfragen: Im nächsten Schritt solltest du gezielt hinterfragen, wie du zu deinen Vorurteilen kommst. Warum du zum Beispiel bestimmte Gruppen von Menschen ausgrenzt oder bestimmten Dingen erst gar keine Chance gibst. Hast du vielleicht schlechte Erfahrungen gemacht? Wieso denkst du so? Fallen dir andere Gründe für deine Vorurteile ein?
- Vorurteile angehen: Nehmen wir als Beispiel die blonde Kollegin von oben. Aufgrund deiner Vorurteile schreibst du der neuen Mitarbeiterin Dinge zu, die überhaupt nicht zutreffen. Versuche bei der neuen Kollegin ganz bewusst, Verhaltensweisen zu finden, die dem Stereotyp widersprechen. Je mehr Widersprüche du findest, desto besser. Auf diese Wiese wirst du vermutlich merken, dass deine Vorurteile vollkommen unbegründet sind, weil sie sich nämlich ganz anders verhält. Und das hilft dir dabei, deine Vorurteile abzulegen und zu einem objektiven Urteil zu kommen.
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